Kann eine Mutter auch zu viel für ihre Tochter tun – wenn sie in die Drogensucht abgleitet und später, wenn sie sich im fernen China in einen Mann verliebt? Adèle Berwanger, selbstbewusste Chefin eines Tee-Imperiums, merkt erst spät, dass sie mit ihrer Strenge und Überfürsorge das Leben ihrer Tochter zerstört hat.
Emilie kann die Trennung von ihrem Geliebten nicht verkraften. Die Frucht dieser Liebe in China sind Zwillingstöchter. Was viel später danach passiert – zwei Frauen verschwinden, ein Polizeipräsident wird geteert, ein Pathologe entführt und ein Mädchen vergewaltigt -, hat Adèle nicht zu verantworten. Die Mutter sieht sich als gescheitert wie ihre Tochter: „Das Leben war vor ihnen zusammengefallen, übrig geblieben waren nur die Bruchstücke der Erinnerung.“ Doch diese Bruchstücke setzt Cho, Emilies Geliebter aus der fernen Vergangenheit zusammen, nachdem er Lin, seine Tochter, kennengelernt hat. Der Chinese hat seine große Liebe nie vergessen. Er ist ihr bis nach Frankreich gefolgt. Und jetzt, da er ihr ganz nah ist, droht alles in einer Katastrophe zu enden.
Den Titel von Anja Jonuleits Roman „Die fremde Tochter“ lässt sich auf zweierlei Art interpretieren. Lin ist für Cho die Fremde Tochter, aber auch Emilie bleibt für Adèle eine Fremde. Der Roman, der mit unterschiedlichen Perspektiven und Zeiten jongliert, bleibt die letzten Antworten schuldig. Die müssen sich die Leser nach der spannenden Lektüre selbst geben. Keine leichte Aufgabe.
Info: Anja Jonuleit, Die fremde Tochter, dtv premium, 194 S., 14,90 Euro