Sie sind beide Eltern und verzichten beide zugunsten ihrer Kinder auf ihre eigenen Wünsche, auf ein selbstbestimmtes Leben. Doch damit enden schon die Gemeinsamkeiten zwischen dem Jungunternehmer Anand und seiner Putzfrau Kamala.
Während die Witwe trotz aller Schufterei gerade mal das Nötigste für sich und ihren aufgeweckten Sohn Narayan verdient, lebt Anands Familie unbesorgt in den Tag hinein. Vidya, seine Frau, verbringt ihre Zeit mit Shopping, Körperpflege und Partys und damit, sich den jeweiligen Moden anzupassen. „Seine Frau war mal wieder in der Mauser. Warf ihr altes Federkleid ab und ließ sich ein neues wachsen. Er erlebte das nicht zum ersten Mal – die intensive Neugestaltung ihres gesamten Wesens nach einer Phase am Reißbrett und im luftdicht abgeschlossenen Labor, die Geburt eines neuen Avatars mitsamt neuer Kleidung neuer Frisur, neuer Sprache, neuen Interessen.“ Wenn Vidya etwas gegen den Strich geht, staucht sie ihre Hausangestellten zusammen, sie sie sonst kaum beachtet. Dass ihr Sohn sich mit Narayan angefreundet hat, sieht sie mit Misstrauen, und dass Anand den Sohn der Putzfrau unterstützt, darf sie nicht einmal wissen. Vidya ist in einem reichen Haus aufgewachsen, Menschen unterhalb der eigenen Gesellschaftsschicht übersieht sie gerne. Ganz im Gegensatz zu ihrer emanzipierten Freundin Kamala, deren unorthodoxer Lebensstil Anand fasziniert. Allzu gerne würde er für Kavika mehr sein als der Mann ihrer Freundin. Doch am Ende, nachdem er einen von seinem Schwiegervater verursachten Angriff auf sein Unternehmen abgewehrt hat, entscheidet er sich für die Familie. Das täte auch Kamala gerne. Doch die Umstände zwingen sie, sich von ihrem Sohn zu trennen. Sie verliert ihr Heim und – nachdem sie Vidya nach einer falschen Anschuldigung einmal die Meinung gesagt hat – auch die Arbeitsstelle. Zwar findet sie schnell eine neue, aber kein neues Zuhause für sich und Narayan, der ihr immer mehr entgleitet.
Lavanya Sankaran gibt in ihrem lesenswerten Roman einen ungeschönten Einblick in die indische Gegenwart, in der Korruption und Kastendenken das Miteinander vergiften. Mit ehrlicher Arbeit, das zeigen ihre sympathischen Protagonisten, kommt man in diesem Land nicht weit.
18Sep. 2014