Denn die Stadt hat von jeher die Literaten angezogen. Günter Eich und
Ilse Aichinger lebten hier, Thomas Bernhard hat an Salzburg gelitten und
Peter Handke auch, Stefan Zweig hielt in der Stadt Hof, bis der
antisemitische Hass ihn vertrieb, und Wolf Haas hat seinen bösen Krimi
„Silentium“ im Salzburg des Festspielsommers angesiedelt. Renate Just
führt ihre Leser zu den Häusern der Literaten, zu den Cafes und Beisln,
wo sie gerne saßen, und sie nimmt ihn mit in eine Buchhandlung, die als
eine der besten im deutschsprachigen Raum gilt. Es wäre aber weit
verfehlt, würde man dieses Salzburg-Büchlein mit einem literarischen
Reiseführer gleichsetzen. Renate Just ist ebenso sehr Genießerin wie
Leserin, ein Augenmensch, der Schönes liebt und sich vor Hässlichem
gruselt, das es auch in Salzburg gibt – „fad-grässliche Neubau-Villen in
cremefarbenem Putz“ etwa. Aber die Stadtberge, „fremdartige Inseln im
Zentrum urbaner Hochzivilisation“, die liebt sie, und die Schlösschen
und Klöster der Stadt, die man so gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad
erkunden kann. Und immer wieder kann die Autorin Geschichten erzählen
über die Menschen der Stadt, die alten Fürstbischöfe und die jungen
Köche, die Stars und die Nobodys, den Red-Bull-King Mateschitz und auch
über einen Porsche-Erben, der eine „Lebensschule“ für Kinder aus
schwierigen Verhältnissen finanziert.
Dazu gibt es Tipps für schöne, ausgefallene Übernachtungsmöglichkeiten,
für außerordentliche Cafes und für Restaurants, in denen auch die
Salzburger gerne einkehren. Wer all das abarbeiten will, braucht
allerdings mehr als die zwei bis drei Tage, auf die Renate Just ihre
Leser im Eingangskapitel vorbereitet.
Info: Renate Just, Salzburg – auf krummen Touren durch die Stadt,
Kunstmann, 209 S.,16,90 Euro, ISBN 978-3888976490
25Mai. 2010
Salzburg im Sehnsuchtssog: Renate Justs „Auf krummen Touren durch die Stadt“
Ihre „krummen Touren“ haben fast schon Kultstatus. Denn Renate Just führt ihre Leser dahin, wo es ihr selbst gefällt – wie man es eben bei guten Freunden macht. Nachdem sie Bayern und die Nachbarn Österreich und Böhmen erkundet hat, jetzt also Salzburg. Die Stadt, in der sie sich ständig verfährt, was jeder nachvollziehen kann, der schon mal in Salzburg eine bestimmte Adresse gesucht hat. Warum Salzburg sich bei der Autorin trotzdem einer „etwas peinlichen Anhänglichkeit“ erfreut, das schildert sie auf 206 ebenso kurzweiligen wie informativen Seiten. Und es kann passieren, dass der Sehnsuchtssog, von dem Renate Just spricht, just nach der Lektüre dieses Büchleins auch den Leser erfasst – vor allem, wenn er literarisch interessiert ist.