Die beiden Ehepaare aus München, die in Usbekistan eine individuell organisierte Wandertour machen wollen, erwarten sich viel: Der neue Direktflug von München nach Tashkent soll ihnen nicht nur Zeitersparnis bringen sondern auch deutsche Standards und mehr Komfort. Dass am Gate zwei gestandene Bayern in Lederhosen den Marsch blasen, wundert sie dann doch. Der Lufthansa-Erstflug in die Hauptstadt Usbekistans muss gefeiert werden – mit dem traditionellen „Ribbon-Cutting“: Beim Durchschneiden des gelben Bandes ist auch der deutsche Botschafter in Tashkent, Wolfgang Neuen, mit von der Partie. Und wie die anderen VIPs dieses Fluges auch bekommt er ein Lebkuchenherz um den Hals, das ihn an diesen Erstflug erinnern soll
Drei Mal wöchentlich wird Lufthansa die Hauptstadt Usbekistans künftig
anfliegen – mit einer Boeing 737-800 des Schweizer Flugunternehmens
PrivatAir, die den Passagieren 24 bequeme BusinessClass-Sitze und 84
Plätze in der Economy mit individuellen Bildschirmen und respektabler
Beinfreiheit bietet. Mit Preisen ab 539 Euro für den Hin- und Rückflug
in der Economy ist der Flug auch für sparsame Reisende finanzierbar,
glaubt man bei der Lufthansa.
Nach kurzen fünfeinhalb Stunden landet die Maschine auf dem Airport von
Tashkent, der mit der buckeligen Landesbahn und den scheinbar
behelfsmäßigen Gebäuden eher den Eindruck eines Provinzflughafens macht.
Dafür gibt’s langstielige rote Rosen für jeden Passagier – aus
Usbekistan, nicht aus Holland. Bei der Einreise zeigen sich die
Zollbeamten verbindlich und stempeln ohne großes Nachfragen das
erforderliche Visum in den Pass. Der erste Blick auf Tashkent offenbart
eine eher gesichtslose moderne Stadt. Dabei ist Usbekistans Hauptstadt
mit den breiten Boulevards und dem Fernsehturm als Wahrzeichen so alt
wie Rom.
„Wir sind zurück“, sagt Thomas Scharfenberger, Direktor Netzwerkplanung
den über 40 usbekischen Journalisten, die zur Pressekonferenz gekommen
sind. Von 1993 bis 2001 war die Lufthansa schon einmal in Tashkent, von
Frankfurt aus. Jetzt also München, „der größte Markt aus Tashkent
heraus, der noch nicht bedient wurde“, so Scharfenberger. Die LH erhofft
sich einiges von der neuen Verbindung, die dazu beitragen soll, „die
Energiestandorte der Welt miteinander zu verknüpfen“ (Usbekistan ist die
Nr. 19 bei den weltweiten Gasvorkommen). Man habe genau studiert,
„welche Verkehrsströme aus Tashkent in den Rest der Welt gehen“ und sei
zuversichtlich, dass der kleine Flieger eine große Auslastung haben
werde. Der LH-Mann kann sich sogar vorstellen, dereinst ein größeres
Fluggerät auf der Strecke einzusetzen.
Auch Botschafter Neuen zeigt sich zuversichtlich: „Die neue
Lufthansa-Verbindung wird erheblich zum weiteren Ausbau der
deutsch-usbekischen Beziehungen beitragen und vor allem den vielen
Touristen dabei helfen, ihren Traum zu verwirklichen, einmal im Leben
die Städte der Seidenstraße zu sehen.“ Mit der Bahn erreicht man von
Tashkent aus in vier Stunden Samarkand und in sieben Stunden Buchara.
Dass Usbekistan mit seinem seit der Unabhängigkeit 1991 offensichtlich
lebenslang regierenden Präsidenten Islom Karimov – zuletzt wurde er 2007
wieder gewählt – kein unproblematisches Land ist, räumt der Botschafter
ein. Allerdings, so der aus Augsburg stammende Büroleiter im
Militärattachestab, Wolfgang F. Wanjek, sei das Land besser als sein
Ruf. Wanjek ist seit vier Jahren im Land und davon überzeugt, dass
Usbekistan „einen großen Sprung nach vorn gemacht“ habe. Das müsse man
anerkennen.
Es bleibt aber noch viel zu tun. Das bekommen die LH-Passagiere beim
Rückflug zu spüren. Rüde werden sie von Usbeken, die kein Wort Englisch
sprechen, gefilzt. Im Warteraum sucht man vergeblich nach einem Gate
oder auch nach einem Check-in-Schalter. Nur auf einem Bildschirm wird
der Flug nach München angekündigt. Auch die Abfertigung ist eher
ungewöhnlich. Eine Stewardess fordert die Passagiere auf, ihr zu folgen,
die Treppe hinunter in einen Gang. Dort stehen sie sich dann die Beine
in den Bauch und warten, bis endlich der Bus vorfährt, der sie zur
längst bereit stehenden Maschine bringt. Aber zuvor werden noch ein paar
usbekische VIPs im Minibus abgeholt. Die „Elite“ hat in Usbekistan
immer Vorfahrt.