Reisen um zu staunen: Andreas Altmanns „Sucht nach Leben“

Nein, er mag sie nicht, die Touristen, die Reisen wie Fast Food konsumieren und statt sich auf Land und Leute einzulassen in ihre Kameras und Camcorders starren. Die Demokratisierung des Reisens ist ihm ein Graus und aus seiner Verachtung macht er kein Hehl.

Andreas Altmann, der Vielgereiste, der sich nicht mit der Außenansicht begnügt, sondern eintauchen will in die fremden Leben, in die andere Kultur, arbeitet nicht mit dem Skalpell, sondern mit der Axt – oder dem Presslufthammer, wie er in der Einleitung zu der Sammlung von Reise-Geschichten einräumt, die dem Titel „Sucht nach Leben“ mehr als gerecht werden.
Denn der Mann will einfach alles: den Schmutz und das Grauen, die Schönheit und den Glanz, die Sonne und den Sternenhimmel, die Hölle und das Paradies. Und er scheut keine Anstrengung, um sich zu holen, was ihm seiner Meinung nach zusteht: Erkenntnis. Die findet er im Crack-House wie in der Burn Unit eines Krankenhauses in Bangladesh, die Frauen betreut, die von ihren Männern mit Säure verstümmelt wurden. Er findet sie beim Fußmarsch von Paris nach Moskau und in einem buddhistischen Kloster, in den leprösen Vierteln von Delhi und im Luxushotel in Bangkok.
Trotz all seiner Reisen hat Altmann das Staunen nicht verlernt – und das Schimpfen über die, die sich für welterfahren halten. Ja, er ist ein Süchtiger, der vom Leben nicht lassen kann und nicht vom Schreiben, das er als Glück empfindet. Ein Glück im übrigen auch für den Leser, der durch die Lektüre dieser kurzen Geschichten unsanft aber effektiv aus seiner Alltagslethargie gerissen wird. 
Info: Andreas Altmann, Sucht nach Leben, DuMont, 206 S., 16,95 Euro          

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