Rätselhafte Götterwelt: Luc Ferrys „Leben lernen: Die Weisheit der Mythen“

Warum muss Odysseus zehn Jahr auf Irrfahrten verbringen, ehe er zu der von Freiern umlagerten Gattin Penelope und dem Sohn Telemachos zurückkehren kann? Warum muss Ödipus seinen Vater Laios töten und seine Mutter Iokaste zur Frau nehmen, um nach langer Regierungszeit von den Erinnyien, den Rachegöttinnen verfolgt im Elend zu enden? Kurz warum gibt es Not und Naturkatastrophen auf Erden? Warum ist die Welt ungerecht? In dem Buch „Leben lernen: Die Weisheit der Mythen“ versucht der französische Philosoph Luc Ferry eine Antwort.

Doch das Buch ist viel mehr als eine theoretische Auseinandersetzung
mit der griechischen Götterwelt. Ferry ermöglicht seinen Lesern tiefe
Einblicke in die antiken Mythen vom Ursprung der Welt mit dem Kampf
gegen die Titanen über den Götterhimmel mit dem treulosen Zeus als
Göttervater bis zum Verhältnis Götter und Menschen. Menschen, die ihre
Hybris ins Verderben stürzt wie der habgierige Midas, der alles, was er
berührte in Gold verwandelt sehen wollte. Oder der hochmütige Dädalus,
der sich über die Wünsche der Götter hinwegsetzte und damit den Tod
seines Sohnes Ikarus riskierte.
Indem er erzählt und interpretiert,
zeigt Ferry, dass die antiken Mythen bis heute ihre Aktualität bewahrt
haben. Sie stellen die urmenschliche Frage nach dem Sinn des Lebens und
versuchen eine Antwort, die im Gesetz der Harmonie begründet ist. Ferry
zielt auf eine Heilslehre ohne Gott ab und das am Ende eines Buches,
das von Göttern nur so wimmelt. Das ist nicht ganz leicht zu begreifen,
auch wenn der ehemalige französische Erziehungsminister sich bemüht,
volksnah und nicht zu wissenschaftlich zu argumentieren. Das
vertrauliche Du ist nur ein Mittel, die Leser zu packen und mitzunehmen
auf eine Reise in philosophische Höhen und Abgründe.
Info: Luc Ferry, Leben lernen: Die Weisheit der Mythen, Kunstmann, 429 S., 24,90 Euro

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