Eyafjallajökull – der Zungenbrecher ist in aller Munde. Im April hatte der Ausbruch des bislang weitgehend unbekannten isländischen Vulkans fast den gesamten europäischen Luftverkehr rund eine Woche lahm gelegt. Die Schließung von Hunderten von Flughäfen hatte ein beispielloses Chaos ausgelöst, mehr als acht Millionen Reisende waren auf den Flughäfen sitzen geblieben, die Airlines fuhren Milliardenverluste ein und die Reisebranche musste Einbußen in Millionenhöhe hinnehmen, weil gebuchte Reisen abgesagt werden und Reisende, die in den Urlaubsländern festsaßen, versorgt werden mussten. Und niemand weiß, wie es weitergeht. Die Unkalkulierbarkeit dieser Aschewolke ist die eigentliche Bedrohung, räumten die Referenten der Touristischen Runde ein. „Wie verwundbar ist der Tourismus?“ war das Thema des spannenden Abends.
Salzburg im Sehnsuchtssog: Renate Justs „Auf krummen Touren durch die Stadt“
Ihre „krummen Touren“ haben fast schon Kultstatus. Denn Renate Just führt ihre Leser dahin, wo es ihr selbst gefällt – wie man es eben bei guten Freunden macht. Nachdem sie Bayern und die Nachbarn Österreich und Böhmen erkundet hat, jetzt also Salzburg. Die Stadt, in der sie sich ständig verfährt, was jeder nachvollziehen kann, der schon mal in Salzburg eine bestimmte Adresse gesucht hat. Warum Salzburg sich bei der Autorin trotzdem einer „etwas peinlichen Anhänglichkeit“ erfreut, das schildert sie auf 206 ebenso kurzweiligen wie informativen Seiten. Und es kann passieren, dass der Sehnsuchtssog, von dem Renate Just spricht, just nach der Lektüre dieses Büchleins auch den Leser erfasst – vor allem, wenn er literarisch interessiert ist.
Country Roads: Unterwegs auf dem Blue Ridge Parkway
Almost heaven, West Virginia,Blue Ridge Mountains, Shenadoah River. John Denvers Country Roads kennt jeder, der schon mal in einem Bierzelt war. Der Refrain des Songs „Country roads, take me home“ eignet sich bestens zum Mitgröhlen. Dabei besingt der amerikanische Barde nicht nur die Landstraßen, die ihn nach Hause bringen, sondern auch die Landschaft um die Blue Ridge Mountains und den Shennadoah Fluss, der in den Appalachen entspringt. Der Blue Ridge Parkway ist eine dieser Country Roads – und mit Sicherheit die schönste.Die Panoramastraße verbindet den Shenandoah Nationalpark in Virginia über die Blue Ridge Montains mit den Great Smoky Mountains in North Carolina. 755 aussichtsreiche Kilometer, immer auf der Höhe, entlang dem Hauptkamm der Appalachen. Im Herbst feiert der Blue Ridge Parkway Jubiläum. Dann wird die von vorausschauenden Männern geplante Touristikstraße 75 Jahre alt. Wir sind vorausgereist auf den Spuren des John-Denver-Songs.
Erste und letzte Sätze: John Irvings „Letzte Nacht in Twisted River“
Auch wenn der Schriftsteller im Buch schreibt, dass Romane nie nur autobiographisch sind, hat man als Irving-Leser bei der Lektüre dieses Buches das Gefühl, mit „Letzte Nacht in Twisted River“ den Schlüssel für alle Romane des großen amerikanischen Autors in der Hand zu haben. Und man wartet fast darauf, dass auch Irving zu seinem ursprünglichen Namen John Wallace Blunt zurückkehrt. Aber: Ein Roman ist eben keine Autobiographie, auch wenn er vom Leben des Autors und dessen Erfahrungen inspiriert ist.
Über Stock und Stein
Wandern ist wieder in. Nicht zuletzt dank prominenten Vorbildern wie Manuel Andrack oder den Tatort-Stars Axel Prahl und Jan Josef Liefers, die deutsche Landschaften erwandern, machen sich auch immer mehr Jüngere auf die Socken. 40 Millionen Deutsche schnüren nach einer neuen Studie gelegentlich die Wanderschuhe, jeder Zweite. Deutschlandweit entstehen neue Wanderwege – wie der Kocher Jagst-Trail im württembergischen Hohenlohe. Wir sind vorausgegangen.
Via Claudia: Die versunkene Straße
In einer oder zwei Wochen wird von der Straße noch weniger zu sehen sein als jetzt schon. Wenn die Bayerische Landesausstellung „Bayern Italien“ im Kloster Sankt Mang in Füssen ihre Tore öffnet, werden die Steine der Via Claudia Augusta, auf denen wir wandern, wieder unter Wasser liegen genauso wie das Dorf Forggen oder die antike Villa Rustica bei Schwangau. Verschluckt von den Wassern des Forggensees. Dabei wären die bayerisch-italienischen Verbindungen, die Thema der Landesausstellung sind, ohne die Via Claudia nicht möglich.
Abschied von einem alten Bekannte: Henning Mankells „Der Feind im Schatten“
Ein bisschen wehmütig ist einem als Leser schon zumute, wenn man diesen Roman von Henning Mankell zur Hand nimmt. Das liegt nicht am Titel „Der Feind im Schatten“, sondern am Abgang des Protagonisten. Es heißt, Abschied nehmen von einem guten, alten Bekannten, den man über viele, spektakuläre Mordfälle und in ebenso vielen Lebenskrisen begleitet hat. Irgendwie ist einem dabei dieser stets melancholische, manchmal auch mürrische Kommissar ans Herz gewachsen. Nun also Wallanders letzter Fall.
Magische Orte
Kraftorte nennen die einen sie, magisch die anderen: Orte, die den Besucher verzaubern, die ihn nicht mehr loslassen. Das können Kirchen sein und Klöster, steinerne Relikte aus uralter Zeit, aber auch ein Wald, ein See, ein Weg. Sieben Orte voller Magie.
Charmante Kleborgie: Marina Lewyckas „Das Leben kleben“
Ganz zum Schluss erliegt Marina Lewycka dann doch der Versuchung, alles mit einer Art „Heile-Welt-Paste“ zu verkleistern. Vielleicht hat die Heldin ihres neuen Romans „Das Leben kleben“ sie ja dabei angesteckt. Schließlich schreibt Georgie Sinclair in ihrer Freizeit – also immer dann, wenn sie nicht für das Klebstoff-Magazin tätig ist – eine Art Groschenroman. Vielleicht aber wollte die Autorin den Leserinnen und Lesern auch ganz einfach zeigen, dass sich selbst die aussichtslosesten Fälle des Lebens kitten lassen – wenn man nur die Hoffnung nicht aufgibt.
Reise ins Ich: Andreas Altmanns „Triffst du Buddha, töte ihn“
„Ich bin eben ein Schlechtmensch“, stellt Andreas Altmann gegen Ende seiner zehntätigen Meditationserfahrung im Vipassana-Zentrum in Indien zufrieden fest. Zufrieden ist er, weil er sich selbst nach zehntägigem Schweigen, zehntägiger Schinderei, vielen Abstürzen in einen kleinkarierten Alltag und manchen ekstatischen Höhenflügen nicht verloren hat. Nein, er hat es nicht zum Gleichmütigen geschafft, auch nicht zur Erleuchtung. Er ist bei seiner Reise ins Innere ganz einfach bei sich selbst angekommen, einem Menschen, der nach Leben fiebert.