Wir schauen staunend nach Dubai, wo die Welt auf dem Wasser neu entsteht, wir beobachten kritisch, wie die Chinesen am Yangtse einen Staudamm bauen und damit nicht die Landschaft verwandeln, sondern ganze Städte und viele Kulturdenkmäler buchstäblich dem Untergang preisgeben. Und doch ist das alles nichts Neues, denn Natur ist, was der Mensch daraus gemacht hat. So zumindest das Fazit eines fulminante und wegen der eingestreuten Anekdoten, Märchen und Gedichte fast kurzweilig zu lesenden Wälzers mit dem Titel „Die Eroberung der Natur“.
Autor David Blackbourn, Direktor des Center for European Studies an der
Universität Harvard, beschäftigt sich darin mit der Entstehung des
modernen Deutschland. Doch sein Buch ist alles andere als ein trockener
Wissenschaftsreport, obwohl Blackbourn seine Leser mit vielen Fakten,
Namen und wissenschaftlichen Anmerkungen konfrontiert. Dafür erfahren
sie auch Dinge, die Deutschlands Natur in ganz neuem Licht erscheinen
lassen. Sehen die einen die Eroberung der Natur als Pakt mit dem
Teufel, ist sie für die anderen die Befreiung von Zwängen.
Für
Blackbourn liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte. Denn der
Fortschritt hat zwar vielen Menschen ihre Heimat genommen, aber auch
noch mehr Menschen Wohlstand beschert. Was heute die Landgewinnung vor
Dubai oder anderen Emiraten ist, war einst die Trockenlegung des
Oderbruchs, mit Folgen bis heute. Was heute der Yangtse-Staudamm ist, waren früher die
Talsperren, hinter denen ganze Dörfer samt ihren Kirchen in den Fluten
versanken.
Womöglich ist es aber die menschliche Hybris, sich selbst
zum Schöpfer zu machen, die irgendwann dazu führt, dass uns dereinst
eine teure Rechnung präsentiert wird. Der Autor plädiert deshalb für
einen schonenden Umgang mit einer Natur, die über die Jahrhunderte von
Menschen geformt wurde.
Info: David Blackbourn, Die Eroberung der Natur – Eine Geschichte der
deutschen Landschaft, Pantheon, Broschur, 592 S., 16,95 Euro, ISBN
978-3570550632
01Jul. 2009