Das Mittelalter hat Konjunktur. Historische Romane, die sich mit einem der schwärzesten Kapitel Europas beschäftigen, boomen, vor allem, wenn die Kirche mitspielt. Es scheint, als könnten die Leser nicht genug bekommen von Leibeigenschaft, Folter, Mord und anderen Grausamkeiten. Vielleicht weil es hilft, die Grausamkeiten unserer heutigen Zeit zu ertragen.
John Sack it mit seinem Roman „Im Zeichen der Seraphim” auf diesen Zug aufgesprungen und wahrscheinlich wird er mit seinem Roman über die Geschichte des Franziskanerordens auch Erfolg haben.
Hat das Buch doch alle Ingredienzen, die Leser bei der Stange halten: einen heldenhaften Charakter, eine herzzerreißende Liebesgeschichte, bösartige Intrigen und natürlich ein Pack Böser, die vor nichts zurückschrecken, um die Macht an sich zu reißen.
Doch leider hat der Roman auch eklatante Schwächen. Es gelingt dem Autor nicht, seine Personen wirklich zum Leben zu erwecken. Zu holzschnittartig kommen sie daher und zu unglaubwürdig ist ihre Charakterzeichnung. Das gilt in erster Linie für den Mönch Conrad, dem die Rolle des asketischen Aufklärers zufällt und für das Mädchen Amata, die mit ihrem leichtsinnigen Lebenswandel den strengen Eremiten auf eine harte Probe stellt. Ist Conrad mit seinem festgefügten Glauben ganz ein Kind seiner Zeit, erscheint Amata im Gegenteil in ihrer Zerrissenheit als moderne Frauengestalt.
Bei dem Versuch, Amatas Denken und Trachten glaubhaft in der Geschichte zu verankern, gerät Sack immer wieder auf Abwege. Zwar ist Orfeo, dem Amata nach der Enttäuschung mit Conrad wieder liebevolle Gefühle entgegenbringt, der Sohn des Mannes, der ihre Eltern abschlachten und sie einem unbestimmten Schicksal überließ. Aber warum in aller Welt ausgerechnet der Sohn, der sich bei Amata als Retter in der Not eingeführt hat, für die Sünden des verhassten Vaters büßen soll, verstehe wer will. Amatas Ringen mit sich selbst kann nicht überzeugen, es wirkt eher unfreiwillig lächerlich.
Und bei all dem fruchtlosen Geplänkel gerät die eigentlich Geschichte um Franziskus und seinen Orden, die Sack akribisch recherchiert hat, in den Hintergrund. Das ist schade, denn gerade da hat der Autor seine Stärken und einiges an Hintergrundwissen zu bieten, das dazu führen kann, den „kleinen Heiligen”, wie Franz von Assisi von seinen Anhängern genannt wurde, besser zu verstehen.
John Sack, Im Zeichen der Seraphim, Droemer, 572 S., 19,90 €