In Deutschland ist derzeit sein sechstes Buch „Wenn wir zusammen sind“ auf dem besten Weg zum Bestseller, in Frankreich kommt in Kürze sein siebtes Buch „Kinder der Freiheit“ auf den Markt und in der Türkei begleitet er die Herausgabe seines vierten Romans „Bis ich dich wieder sehe“. Marc Levy allerorten. Selbst in Vietnam, in Korea und in Thailand werden die Bücher des französischen Kuschelautors gern gelesen. Vor allem die Frauen liegen dem gut aussehenden 46-Jährigen zu Füßen. Der Mann ist ein Phänomen: Mit Anfang 20 schon Unternehmer und nach einem Absturz erneuter Aufstieg in die Liga der Besserverdiener, Bestsellerautor, allein erziehender Vater eines 17-jährigen Sohnes, begeisterter Koch. Was immer Marc Levy anpackt, scheint Erfolg zu haben. Wir trafen den weit gereisten Bestsellerautor in seiner derzeitigen Wahlheimat London.
Das Haus in South Kensington ist liebevoll eingerichtet, altes und neues in trauter Harmonie. Auf dem riesigen Schreibtisch stehen zwei PC nebeneinander: Vater und Sohn teilen sich den Arbeitsplatz. In der blitzsauberen Küche hängt ein großes Bild des kleinen Louis über der Anrichte. Man sieht, Marc Levy liebt seinen Sohn, auch wenn er sich von dessen Mutter schon lang getrennt hat. Warum das? Levy – schlank, braune Hose, braunes Sweat-Shirt, Dreitage-Bart – braucht nicht lange zu überlegen. Die Frage kennt er: „Wir haben zwar keine erfolgreiche Ehe geführt aber eine erfolgreiche Trennung hinter uns gebracht. Louis’ Mutter und ich sind immer beste Freunde geblieben.“
Seine Erfahrungen als allein erziehender Vater sind auch in den Roman „Wenn wir zusammen sind“ eingeflossen. Der französische Titel „Mes amis, mes amours“ gibt besser wider, worum sich die Geschichte rankt, um Liebe und Freundschaft eben. Zwei allein erziehende Väter, Mathias und Antoine, beschließen aus einer Laune heraus, mit ihren Kindern Louis und Emily zusammen zu ziehen und eine neue Art der Lebenspartnerschaft zu erproben unter zwei Bedingungen: keinen Babysitter und keine Frau im Haus. Während Antoine die kleine Familie nahezu aufopfernd pflegt, verfällt Filou Mathias schon nach kurzer Zeit dem Charme einer jungen Journalistin… „Ich dachte eigentlich, ich sei mehr Mathias“, sinniert Marc Levy und fährt sich durchs dunkle Strubbelhaar, „aber mein Sohn und meine Freunde haben mich davon überzeugt, dass ich eher Antoine bin.“ Er lacht: „Das hat mich ganz schön enttäuscht.“
Draußen im kleinen Garten scheint die Sonne, die Kamelien blühen üppig, daneben wächst Rauke in einem Topf. „Hab’ ich alles selbst gepflanzt“, sagt der Autor stolz, während er – ganz perfekter Gastgeber – Capuccino braut. Irgendwie hat er doch viel von Antoine, dem guten Hausmann. Kochen kann er nämlich auch, verrät er, und hat kein Problem damit. „Warum sollten Männer nicht kochen? Die alte Rollenverteilung ist doch längst passee.“ Kein Wunder, dass den Mann die Frauen lieben. Mit dem Dreitage-Bart und den dunkelbraunen Augen, die manchmal so rätselhaft blicken können, hätte Levy auch als Schauspieler eine gute Figur gemacht. Er grinst fast spitzbübisch. Natürlich, er hat auch das schon probiert. In der Verfilmung seines Romans „Wo bist du?“, die gerade in der Dominikanischen Republik abgedreht wurde, hat er „eine winzige Rolle“ übernommen, die eines Rot-Kreuz-Direktors. „Das passte prima“, verrät er, „ich habe schließlich sieben Jahre fürs Rote Kreuz gearbeitet“.
Ein wahrer Tausendsassa dieser Mann. Woher er’s nur hat?
„Ich bin ein frühes Produkt der Globalisierung“, klärt er lächelnd auf. „Ich bin zwar in Frankreich aufgewachsen, aber mein Vater hat türkische, meine Mutter algerische Wurzeln“. Später hat der studierte Architekt (auch der Antoine im Buch ist Architekt) lange Zeit in San Francisco gelebt – auch eine seiner Lieblingsstädte. Derzeit ist London die Stadt für ihn. Er mag die britische Art der Nachbarschaft, könnte für „den Hyde Park sterben“ und hat sich schon früh für Agatha Christie begeistert. „Ich liebte die Bücher und die Lady“, erinnert er sich. Alles very british – allerdings nicht überall in South Kensington. In manchen Straßen hört man mehr französisch als englisch. In den Bäckereien gibt es Baguette, kleine Läden nennen sich epicerie, im französischen Buchladen stehen die Levi-Bücher im Schaufenster Spalier und im Lycee francaise wird auch die Marseilleise gesungen. Levy lebt im French Quarter von London. Da eben, wo er das Beste von beiden Ländern hat.
Natürlich führt ihn sein Weg auch heute zum Buchladen, dem er in seinem Roman eine zentrale Rolle eingeräumt hat. „Ich hab’ den Laden ein bisschen umgebaut“, sagt er entschuldigend, als wir in dem kleinen Geschäft stehen, wo der Besitzer neben französischen Büchern auch alles für die Schule verkauft. Levy signiert einen Stapel Bücher, die schon für ihn bereit liegen.
Bald wird hier auch sein neuestes Buch stehen: „Kinder der Freiheit“, ein Roman, die ihm wirklich am Herzen liegt. Wenn er davon erzählt, wird er ganz ernst, scheint tief bewegt. Es ist die Geschichte seines mittlerweile 84-jährigen Vaters, der als Junge mit anderen Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren im französischen Widerstand kämpfte. Seinem Sohn hat er erst davon erzählt, als Marc 17 Jahre alt war und der Vater für seinen Mut ausgezeichnet wurde. „Mein Vater wollte nie ein Held sein“, erinnert sich Levy an Gespräche im Elternhaus. Die „wahre Geschichte“ hätten ihm die wenigen anderen Überlebenden erzählt. „Auch sie wollten anfangs nicht darüber reden. Es war, als schämten sie sich fast, überlebt zu haben.“ Der Schriftsteller schüttelt den Kopf als wolle er traurige Gedanken verscheuchen.
Sein bester Freund und seine Ex-Frau hätten ihn schließlich überredet, das Buch zu schreiben. „Ich schrieb und schrieb und schließlich wurden es 500 Seiten.“ Levy Stimme ist leise geworden. „Dieses Buch ist das wichtigste in meinem Leben“, sagt er und seine Augen füllen sich mit Tränen. Als der Roman fertig war, habe er ihn seinem Vater gebracht. „Ich war total aufgeregt, mein Vater wusste ja nichts davon. Er dachte, ich würde an einem anderen Buch schreiben.“ Dabei hatte die Mutter ihren Mann, ohne dass er es merkte, nach Einzelheiten seiner Resistance-Zeit gefragt und die dem Sohn klammheimlich mitgeteilt. Wie würde der Vater reagieren? Noch in der Erinnerung schluckt Levy vor Nervosität. „Mein Vater ist sehr schüchtern. Er las das Buch noch gleich in der Nacht und rief mich mittendrin an, um zu fragen, wie ich das alles herausgefunden hätte. Ich denke, ich habe hart gearbeitet, habe ich geantwortet.“ Das Ergebnis dieser Arbeit ist im Sommer auf Französisch zu lesen.
Ein Drama aus der Feder des Kuschelautors? Levy winkt lächelnd ab: „Es ist ein Buch über Hoffnung nicht über Hass. Ein Buch über die Liebe nicht über den Krieg. Diese Kinder haben den Glauben an das Leben nie verloren.“
Da ist er wieder, der Mann, den die Frauen lieben. Der Optimist, der sich die Welt schön redet und damit auch Erfolg hat.
Gibt es denn wieder eine Frau in seinem Leben? „Aber sicher“, jetzt lacht er wieder, „seit zwei Jahren lebe ich mit Pauline zusammen, einer Journalistin.“ Ob sie Ähnlichkeit mit einer seiner Frauenfiguren hat? „Ein bisschen mit Audrey“ (der Frau, die Mathias betört). Levy denkt nach und räumt dann ein: „Eigentlich ist sie wie viele meiner Frauen. Und das wichtigste ist, sie kann ungeheuer witzig sein. Humor ist eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben.“
Info: Marc Levy, Wenn wir zusammen sind, Knaur, 347 S., 16,90 Euro