Kurt Wachtveitl – Doyen der Luxushotellerie

Er sieht aus wie er sich den guten Gast wünscht: Distinguiert in edlem Tuch mit Krawatte, graues Haar über feinen Gesichtszügen, wache Augen und ein Mund, der gerne lächelt. Kurt Wachtveitl, vor 70 Jahren in Lindenberg im Allgäu geboren, ist seit 40 Jahren Generalmanager im „besten Hotel der Welt“, dem legendären Oriental in Bangkok und in dieser Zeit selbst zur Legende geworden. Das wohl einmalige Jubiläum in der Luxushotellerie wird im Dezember gefeiert – und der Geburtstag gleich mit.         

Die 70 Jahre sieht man dem rührigen Manager nicht an und an Ruhestand denkt er noch lange nicht. Das geschichtsträchtige Oriental am Chao Phraya ist ihm zum Lebensinhalt geworden. In 40 Jahren hat er Maßstäbe gesetzt – und Freunde gewonnen. Auch König Bhumibol gehört zu ihnen. Thailands Monarch wird seinen 80. Geburtstag im Oriental feiern wie schon die 60. Wiederkehr seiner Thronbesteigung.
 Dass er einst mit den Reichen, den Berühmten und den Mächtigen dieser Welt vertraut sein würde, war dem Jungen aus dem Allgäu nicht in die Wiege gelegt worden. Von Lindenberg zog die Familie nach München, das Ende des Weltkriegs verschlug sie in den „hintersten Bayerwald“, bis sie schließlich in Deggendorf landete. Die Neugier auf die Fremde freilich liegt Kurt Wachtveitl im Blut. Die Mutter, eine Kindererzieherin, lebte in Budapest und Italien bei aristokratischen Familien und schon die Großeltern hatten als Lieferanten für Borsalino viel mit dem Ausland zu tun.
„Irgendwie hat man schon etwas von den Eltern“,  sagt der Jubilar und lächelt, weil ihm die Erinnerung kommt, wie er als zehnjährige Pfadfinder mit dem Wochentaschengeld von 20 Mark in ein Restaurant ging. Dort war das Beste gerade gut genug und 15 Mark waren im Eimer. „Ich habe dann als Parasit weiter gelebt und das bin ich wohl auch geblieben.“  Als Hotelmanager, scherzt er, „ist man auch so eine Art Parasit, reist herum, wohnt in den schönsten Häusern, isst in den besten Restaurants und lebt in einer Umgebung, die eigentlich nicht dem eigenen Einkommen entspricht.“
Der Hang zum Luxus hat auch seine Berufswahl beeinflusst. Statt als Rekrut durch die Wälder zu robben, studiert er in der Hotelfachschule in Lausanne die hohe Kunst der Hotellerie. Dass er sich in eine Mitstudentin aus Thailand verliebte, sollte später seinen Lebensweg bestimmen. Doch erst einmal führte ihn sein unruhiger Geist zu einem Philosophiestudium, das er schnell als „brotlose Kunst“ aufgab, und dann in verschiedene Luxushotels. Irgendwann schrieb er seiner Jugendliebe nach Thailand und sie besorgte ihm 1965 einen Job als Hotel-Direktor in Pattaya. „Und das Wunderbare war“, erinnert sich Wachtveitl, „in Thailand hat mich nichts überrascht. Es war, als hätte ich in einem früheren Leben hier gelebt.“ Jetzt, Jahrzehnte später, wirkt der Mann aus dem Allgäu selbst wie ein Thai, abgeklärt, in sich ruhend, immer freundlich. Ein Gentleman, kein Kumpeltyp. Auch wenn ihn seine über 1000 Mitarbeiter wegen des komplizierten Familiennamens einfach „Mister Kurt“ nennen,  wahrt der Chef die Distanz. 
In vielen der teuersten Hotels der Welt war Kurt Wachtveitl in seiner langen Karriere mit Bleistift und Block unterwegs. „Man muss nicht alles kopieren, aber manches passt dann doch in ein Haus wie das Oriental, das organisch gewachsen ist“, verrät der Hoteldirektor das Geheimnis der typischen Oriental-Atmosphäre. Als er vor 40 Jahren das Kommando übernahm, war das einst von Dichtern wie Joseph Conrad, William Somerset Maugham, Grahem Greene, James Michener oder John Steinbeck gerühmte Hotel kein Aushängeschild. Der 30-jährige hat schnell erkannt, wie wichtig das Innenleben für ein Hotel ist, der „Wohlfühlfaktor“. Im „Author’s Wing“, wo die schönsten Suiten ihre Namen tragen, setzte er den berühmten Dichtern ein Denkmal. „Das Oriental ist eigentlich ein Traum, den wir den reichen Gästen ermöglichen“, beschreibt Wachtveitl sein Erfolgsrezept. Und sie kommen alle, um diesen Traum zu leben, die Reichen und die Schönen, die Politiker und die Wirtschaftskapitäne, die Stars und die Könige. Nur für einen der Mächtigsten würde er nur ungern den Teppich ausrollen: für  George W. Bush. Als der amerikanische Präsident bei einem Bangkok-Besuch angeblich plante, im Oriental abzusteigen, rief Kurt Wachtveitl kurzerhand einen alten Freund und Stammkunden an, den Sultan von Brunei. Der sagte sofort einen Aufenthalt mit seiner ganzen Entourage zu – und damit wäre das Hotel im Nachfragefall ausgebucht gewesen. 
   Viel wichtiger als die Schlagzeilen um einen Staatsbesuch ist dem Chef des Hauses die Tatsache, dass auch die „normalen, die unbekannten Gäste“ immer wieder kommen, manche hunderte von Malen, andere alle Jahre wieder. Und Wachtveitl weiß, dass er die Kundentreue auch den perfekt geschulten Mitarbeitern zu verdanken hat. „Die Oriental-Gäste wollen sich verwöhnen lassen“, sagt er,  und gerade darin seien die Thais einmalig. „Die Welt wird immer härter und kälter und die Menschen werden immer nostalgischer. Wir bieten das Hotel als Gesamt-Erlebnis an, die Illusion einer heilen Welt.“ 
 
  

Es gibt bisher keine Kommentare.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert