Das T-Shirt ist quietschgelb, das muss wohl so sein auf dieser Karibikinsel, die derzeit in aller Munde ist. Jamaika mit der schwarz-gelb-grünen Flagge ist grell und bunt und lebenslustig. Nadia, die Italienerin, die lange in der Schweiz gelebt hat, kennt die Insel besser als ihre Heimat. Die Frau mit der praktischen Kurzhaarfrisur und der burschikosen Art zeigt Urlaubern gern ihr Jamaika. Das, was sich hinter Namen wie Cornwall, Surrey oder Middlesex verbirgt, die man eigentlich auf einer anderen Insel suchen würde – in Großbritannien. Die Kolonisations-Geschichte lässt grüßen. Bis heute trägt die englische Herrscherin den Titel „Königin von Jamaika“.
Doch die Insel hat sich emanzipiert, ist alles andere als „very british
– auch wenn hier der britischste aller Spione agiert hat, James Bond
007: Sein Schöpfer Ian Fleming lebte zwölf Jahre auf der Karibikinsel.
Golden Eye heißt das schlossähnliche, hermetisch von der Außenwelt
abgeschlossene Anwesen in der Nähe von Oracabessa, in dem der
Schriftsteller von 1952 bis 1964 residierte. Natürlich wurde die Insel
auch zur Kulisse von Bond-Filmen. „Dr. No“ und „Leben und Sterben
lassen“ wurden hier gedreht – am Reynolds Pier in Ocho Rios, im Hafen
von Falmouth und natürlich an den spektakulären Dunns River Falls.
Heute steht ein nachtschwarzer Wolkenberg drohend am Himmel über den
Wasserfällen. Doch wer Jamaika erleben will, muss hinein ins kühle
Wasser und die glitschigen rundkuppigen Felsen erklimmen, muss in den
Gumpen baden gehen und sich an der Felswand entlang hangeln. Nass wird
man bei dem Vergnügen ohnehin. Da kann ein Wolkenbruch nicht mehr
schrecken. Tropfnass aber mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht
klettern die meisten Wasserfall-Wanderer aus dem Bachbett. Noel, der
mit seinem weißmelierten Bart tatsächlich wie ein schwarzer
Weihnachtsmann ohne Mantel aussieht, macht die Tour Tag für Tag, und
das mindestens zwei Mal. 91, erzählt er, war sein ältester Kunde. Die
blinde 78-jährige Ehefrau hat Noel auch über die Klippen gebracht.
Schaut man zu, wie leichtfüßig der drahtige Jamaikaner unterwegs ist,
wundert man sich nicht, dass Usain Bolt, der schnellste Mann der Welt,
von dieser Insel komme. „Ein echter Country-Boy“ sei der umjubelte
Läufer, schwärmt Nadia. Und bescheiden geblieben trotz seiner Erfolge.
Auch Daddy Cool ist ein „Country boy“, ein gealterter freilich. Und ein
Rastafari. Der Mann mit dem langen grau-verfilzten Bart und der bunten
Wollmütze auf dem Kopf, die entfernt an einen überdimensionierten
Teekannenwärmer aus Omas Zeiten erinnert, lebt seine Überzeugung. „You
are what you eat“ sagt der Vegetarier, der sich auch nicht am Alkohol
vergreift, nicht einmal an Jamaikas legendärem Rum. Aber während er auf
einer Plantage die Naturapotheke erklärt – Custard Apple gegen
Verstauchungen, Blätter gegen Menstruationsbeschwerden, Opuntia Tuna,
ein Kakteengewächs, gegen Rückenprobleme und die Blätter der „Traveller
Palm“ als umweltfreundliche „Wasserflasche“ – schmaucht er seelenruhig
einen dicken Joint. Haschisch ist für Rastafari keine Droge. Es gehört
zum Leben wie die langen verfilzten Haare. „Rasta ist Lebensart, nix
Religion, Mann“, sagt Daddy Cool und rollt mit den Augen. „Du musst es
in dir spüren, das Leben wird dir sagen, wo dein Ziel ist.“
Er wollte zurück zur Natur. Denn: „Der Mensch hat die Welt zerstört.
Wann seht ihr nur, dass ihr die falsche Richtung eingeschlagen habt?“
Sieben Jahre hat der kleine Mann von der Hand in den Mund gelebt: „No
fish, no meat no money, no sex.“ Inzwischen hat der mit einer Deutschen
verheiratete Jamaikaner sein festes Auskommen als Fremdenführer – und
ein Kind. Und mit seinen 57 Jahren nimmt er das Leben leicht. Die
deutschen Touristen sind ihm sympathisch, weil sie zuhören,
interessiert sind. An der Natur der Insel, an ihrer Geschichte, an der
Kultur, an Reggae und Rastafari.
An Bob Marley, dem Reggae-Barden, der wie kaum ein anderer das
Lebensgefühl der Jamaikaner in Musik umwandelte, kommt dabei kaum einer
vorbei. Der ungekrönte King of Jamaica, der im Alter von 36 Jahren
starb, ist schier allgegenwärtig. Nicht nur im Bob Marley Museum in
Kingston oder im Bob Marley Mausoleum in Nine Miles. Hier, in einer
eher bescheidenen Hütte, soll der Sänger bis zu seinem 15. Lebensjahr
gelebt haben. Hier soll er meditiert und Musik gemacht haben. Auf alle
Fälle ruht Marley hier: Das Marmor-Grabmal ist eine Pilgerstätte nicht
nur für Reggae-Fans.
Literaturliebhaber pilgern lieber zu Firefly, dem Haus des Dramatikers
Noel Coward. Als der Allroundkünstler – er schrieb, komponierte, malte,
sang und trat als Schauspieler auf – in den vierziger Jahren das von
Glühwürmchen umschwärmte Stückchen Land mit dem grandiosen Ausblick
sah, war es um ihn geschehen. Für 50 Pfund erwarb er den Grund, der
einst dem notorischen Piraten Henry Morgan als Ausguck gedient hatte,
und ließ sich ein Haus bauen, das sich in die Natur öffnete. Viel wurde
in den fünfziger Jahren über die Orgien gemunkelt, die dort angeblich
gefeiert wurden. Über Gäste wie Marlene Dietrich, Sir Laurence Olivier,
Vivian Leigh oder royalen Besuch wie den der Queen Mum. Heute ist
Cowards Haus mit seinen Gemälden und Fotos, den Büchern und
Schallplatten, den drei Klavieren und den vielen Nippes ein Museum, das
immer noch den Geist seines exzentrischen Bewohners atmet. In der
Dusche hängen mit Monogrammen bestickte Handtücher, im Patio ist der
Tisch für vier Gäste gedeckt. Der Gastgeber sitzt derweil im Park und
blickt sinnend auf die karibische See und die Blauen Berge. Ein paar
Meter neben der lebensechten Bronzeskulptur schmückt ein Strauß
rotglühender Bougainvilleas die Grabplatte mit Cowards Namen und den
Daten 1899 bis 1973.
Hearty auf dem Kunsthandwerker-Markt in Ocho Rios weiß nichts von Noel
Coward, auch wenn er sich als Maler sieht. Der jungenhafte Rastafari
mit dem charmanten Lächeln und dem dicken schwarzen Haarschopf ist kein
Intellektueller, er malt „aus dem Bauch“. Seine farbsatten Bilder
erinnern an die europäischen Fauves, die „Wilden“ um Matisse und
Vlaminck. „Es kommt auf die Vibrations an, yeah“, sagt Hearty und
entrollt seine Bilder vom Leben auf Jamaika: Schwarze Menschen in
blühenden Landschaften, ein bunter Reigen der Lebensfreude.
Januar 4, 2010
Jamaika steht auf der Liste der Reiseziele, die ich unbedingt noch sehen möchte, ganz oben. Dafür muss ich aber erstmal sparen, ist ja nicht ganz billig. Aber einmal möchte ich unbedingt dort am Strand liegen, Reggae hören, chillen und natürlich die tolle Landschaft und das Lebensgefühl genießen. Wie teuer war denn deine Reise?
Liebe Grüße, Mara
Januar 5, 2010
Ja, Jamaika ist nicht grade billig. Bei TUI beispielsweise kostet eine Woche im Vier-Sterne-Clubhotel Ocho Rios mit Fug und All inclusive ab 1415 Euro im DZ. Es gibt natürlich auch kleine Guesthouses, die relativ günstig aber natürlich nicht so komfortabel sind. Bei einer Übernachtung im DZ und Reisen mit dem Charter-Taxi könnte man mit rund 250 Euro pro Woche und Person plus Flugkosten auskommen (Quelle: http://www.jamaika-info.de). Interessante Angebote übrigens auch unter http://www.river-lodge.com
April 7, 2013
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