(Buch)
Autor: Ivana Jeissing
Verlag: Diogenes Erschienen am: 2008-07 Seiten: 222 ISBN: 3257237146 |
„Ich habe noch nie in meinem Leben jemanden so … Unvorhandenen … getroffen wie Sie.“ Nicht gerade ein Kompliment, das der smarte Peter der jungen Jane macht. Auch später wird es nicht besser, als er sie mit einem Gemälde von Picasso vergleicht, auf dem kaum Gesichtszüge zu erkennen sind. Trotzdem heiratet die Designerin den Mann mit dem Aktenkoffer, weil sie glaubt, durch die Ehe der eigenen Bedeutungslosigkeit entfliehen zu können. Die Österreicherin Ivana Jeissing spürt in ihrem ebenso unterhaltsamen wie nachdenklich machenden Roman „Unsichtbar“ den Mühen der weiblichen Selbstfindung nach.
Für Jane jedenfalls ist es ein harter Weg, von der unvorhandenen zu einer selbstbewussten Frau. Hatten doch ihre Eltern, ein auf Nasen fixiertes Ärzteehepaar, der Tochter schon früh das Gefühl gegeben, ein unbequemer Störfaktor zu sein. „Lieber unsichtbar“ war dann die Formel, mit der die Studentin zu leben versuchte. Kaum hat sie sich in dem Schattendasein einigermaßen eingerichtet, taucht Peter auf und mit ihm das neue Ziel, „wie mache ich meinen Mann glücklich, ohne aufzufallen“. Unbewusst eifert die junge Ehefrau ihrer Mutter, der „Weltmeisterin im Schattentauchen“ nach. Und sie würde noch heute in diesem Zustand dahinleben, unerkannt und unbeachtet von sich und anderen, wenn sie nicht Fred kennen gelernt hätte. Fred, den sonderbaren Kinobesitzer, dessen Leidenschaft den alten Filmen gehört und mit dem Jane plötzlich über alles reden kann, was sie bewegt.
Fred öffnet ihr die Augen für den eigenen Wert und die Wertlosigkeit einer „Liebe“, die nur auf dem eigenen Egoismus basiert. Einer Ehe auch, in der die Frau nur als Accessoire Platz hat. Es ist ein langwieriger, schmerzlicher, manchmal aber auch ur-komischer Erkenntnisprozess, der Jane aus der selbst gewählten Unsichtbarkeit in ein ungewohntes Rampenlicht der Aufmerksamkeit führt.
Mit melancholischem Witz folgt Jeissing dem Entwicklungsprozess ihrer Anti-Heldin. Am Ende gönnt sie den Leser(innen) sogar ein Happy-End wie im Märchen. Aber es ist glücklicherweise nicht Jane, die vom Aschenputtel zur umschwärmten Schönheit mutiert. Nein, es ist Fred, der durch einen schönen Zufall als alter Mann zum Glückskind wird. Eine wunderbar leichte Lektüre zu einem immer noch schwierigen Thema.
Info: Ivana Jessing, Unsichtbar, Diogenes, 222 S., 18,90 Euro