Im Hohenloher Land: Von alten und neuen Fürsten

Seine Durchlaucht mag’s rustikal. Der Herr auf Langenburg trägt einen Janker, das blaue Hemd spannt sich über dem Wohlstandsbäuchlein. Trotzdem, es geht knapp zu auf Schloss Langenburg und schuld ist die Burg der Ahnen, auf die Fürst Philipp zu Hohenlohe-Langenburg so stolz ist. Manchmal denkt der 36-jährige Marketing-Berater sogar daran, das kostspielige Erbe zu verkaufen und sorgenfrei mit seiner Familie zu leben. Andere haben das schon vorgemacht. Im Schloss Friedrichsruhe etwa – ehemals Sitz derer von Hohenlohe-Oehringen – hat sich ein Fürst der Neuzeit breit gemacht: Reinhold Würth, der Schraubenfabrikant mit dem Hang zu Kunst und Kulinarik.
So ändern sich die Zeiten im Hohenloher Land, obwohl man sich auf den
Straßen und Dörfern fühlt, als führe man geradewegs in die Geschichte.
Kaum ein Auto und schon gar keines mit fremden Kennzeichen. Behagliche
Fachwerk-Dörfer ohne den sonst üblichen Ring postmoderner Siedlungen.
Hier bleibt die Kirche noch im Dorf und die Kühe stehen noch auf der
Weide. Ein geruhsames Ländle mitten im hektischen Getriebe des großen
Ländles Baden-Württemberg.
Der Fürst aber hätte es gerne ein bisschen weniger geruhsam. Lange
vorbei sind die Zeiten, als 100 000 Besucher Schloss und Automuseum
stürmten. Es war der Besuch der Queen 1965 im Schloss, der den
Tourismus in Langenburg ankurbelte. Das Haus Hohenlohe-Langenburg
verbindet eine enge Verwandtschaft mit dem englischen Königshaus. Des
Fürsten Großmutter war Margarita von Griechenland, eine Schwester Prinz
Philip
s. Und Onkel Charles, der Prinz von Wales, ist für den jungen
Schlossherrn ein Vorbild, was erfolgreiches Wirtschaften betrifft.
Produkte vom Windsor Farmshop kann man auch auf Schloss Langenburg
kaufen.
Im Schlossmuseum werden die verwandtschaftlichen Bande zum europäischen
Hochadel thematisiert. Es gibt viel blaues Blut auf monumentalen
Porträts zu bestaunen. Außerdem ein Taufkleid, das Queen Victoria der
Langenburger Verwandtschaft schenkte, Waffen, einen Bären, Jagdtrophäen
und Bände der „sehr seltenen Holzbibliothek, geschaffen von dm
Benediktinermönch Candid Huber, Naturforscher, Handwerker, Künstler und
Geschäftsmann, Augsburg um 1795“. Zu entdecken sind auch der schöne
Renaissance-Innenhof, Fürstenzimmer und ein Saal mit Fresken, der lange
Zeit als Lagerhalle diente und mit Hilfe des Denkmalschutzes wieder in
ursprünglicher Pracht erstrahlt.
Wie viel Räume das Schloss hat? Fürst Philipp schüttelt den Kopf: „Die
Räumezählerei bring nichts.“ Schmerzlich bewusst ist ihm, dass die
Burg rund 800 Fenster hat und dass an einem kalten Wintertag 1000 Liter
Öl verheizt werden. „Da fällst du tot um bei den Preisen“. Vor zwei
Jahren, als sein Vater starb, zog er aus seiner Münchner
„80-Quadratmeter-Wohnung“ nach Langenburg. Frau Saskia (33), Söhnchen
Leo (1) und der schwarze Labrador Zidane haben sich gut eingelebt. Auch
der Fürst selbst liebt das Landleben: „Ich schaue hinaus auf ein
Paradies“, sagt er und dass er es „unendlich traurig“ fände, wenn er
das Schloss und damit seine Geschichte verkaufen müsste.
Aber ob er es wieder aufbauen würde, weiß er nicht. Das hat sein Vater
getan, damals nach dem verheerenden Brand, der unersetzliche Kunstgüter
verschlang und einen Teil der einst so wehrhaften Burg in Schutt und
Asche legte, 1963 in einer eiskalten Januarnacht, als das Wasser in den
Rohren gefror. Mit 27 Jahren stand Fürst Kraft vor einem Schaden von
drei Millionen. Die Versicherung zahlte 1,6 Millionen und der junge
Fürst verkaufte Ländereien und machte sich an den Wiederaufbau. Auch
er sah schon im Tourismus eine Chance, 1970 gründete er das Automuseum,
das in seiner besten Zeit die Besucher in Massen anzog.
Heute ist das anders. Trotz der Oldtimer, die Männerherzen höher
schlagen lassen und trotz der Porsche-Sammlung, entspräche das
Automuseum nicht mehr dem Zeitgeist, hat Fürst Phillip erkannt. Er
setzt auf Events wie die fürstlichen Gartentage, auf Konzerte im
Renaissance-Innenhof, auf Festivals, Hochzeiten, spezielle
Kinderführungen aber auch nachhaltige Landwirtschaft. „Wir sind noch
lange nicht am Ende mit unseren Ideen“, verspricht er. Hohenlohe werde
schließlich immer mehr zur „Delikatessen-Region Deutschlands“.
Der Meinung ist auch ein anderer: Reinhold Würth, der mit der
Fabrikation von Schrauben ein Vermögen und sich mit seinem kulturellen
Engagement einen Namen gemacht hat. Hohenlohe ist Würth-Land. Es gibt
eine Würth-Straße, ein Würth-Museum, ein Würth-Festival und einen
Würth-Literaturpreis. Der 72-jährige Patriarch, der sein Schrauben-
Imperium 2005 einer Holding übergeben hatte, frönt inzwischen
vorwiegend den schönen Künsten – und der leiblichen Genüssen. Die
Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall macht derzeit mit der Ausstellung
„Literatur kann man auch sehen“ und Exponaten von Günter Grass, Hans
Magnus Enzensberge
r und Hermann Hesse sowie mit den Kopfmenschen und
einer Sammlung von Horst Antes von sich reden. Gleich daneben beschert
das Sudhaus den Kulturliebhabern bodenständige Gaumenfreuden. Beide
Würth-Projekte befruchten sich gegenseitig und sie beweisen, dass
Reinhold Würths Faible für moderne Architektur sich mit der Liebe zu
alten Gemäuern gut verträgt.
Das alte Amtshaus in Mulfingen-Ailringen ist so ein altes Gemäuer.
Einst gehörte es den Deutsch-Ordensrittern. Würth kam, sah und kaufte –
und rettete das historische Haus vor dem Verfall. Was als Gästehaus für
die Würth-Gruppe und ihre Tochterunternehmen ( ca. 365 weltweit)
geplant war, ist heute dank Olaf Prückner ein Renommier-Restaurant mit
Hotel. Der junge Koch hatte sich in das alte Haus verliebt und
erkochte ihm schnell 16 Punkte im Gault Millau und einen
Michelin-Stern. Sein glasierter Bauch vom Schwäbisch-Hällischen
Landschwein mit Jakobsmuschel und Kresse ist eine wahre Köstlichkeit
und der Lorbeer gespickte St. Petersfisch auf Fenchelgraupen und
geschmolzenem Kalbskopf zergeht auf der Zunge. Dass das Dorf im eher
beschaulichen Jagsttal abseits der Touristenströme liegt, stört
Pruckner nicht. Er braucht die Natur, um kreativ sein zu können.
Mittlerweile haben sich auch die Dörfler an die großen Autos gewöhnt,
die abends vor dem alten Amtshaus parken.
Heinz Schiebenes, Chef der Panorama & Service GmbH innerhalb der
Würth-Gruppe, würde das Hotel gerne vergrößern und das Pfarrhaus dazu
kaufen. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Derzeit wird anderswo
investiert, und das nicht zu knapp. Große Pläne hat die Firma mit dem
Panoramahotel in Waldenburg, das nach einem repräsentativen Ausbau um
60 Zimmer und Suiten sowie einen Wellnessbereich zu einer Top-Adresse
des Tagungs-Tourismus werden soll. Schiebenes rechnet mit einem
Bauvolumen von 15 Millionen Euro.
Ganz besonders am Herzen liegt Reinhold Würth, dem „neuen Fürsten“,
aber „sein“ Schloss, das Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe, über
dessen Küche dank Lothar Eiermann seit Jahrzehnten schon zwei Sterne
leuchten. Das Relais&Chateaux-Hotel, bislang vor allem wegen
Eiermanns Küche über die Grenzen hinaus bekannt, soll unter seinem
neuen Besitzer noch schöner werden. Gespart wird an nichts. Zehn
Millionen Euro verschlingen allein die Spa-Suiten, unter anderem eine,
wo die Herren sich mit Cognac und Zigarre im Whirlpool aalen können.
2000 Quadratmeter sind für den Wellness-Bereich eingeplant, denn
Schiebenes ist überzeugt: „Jeder gut gemachte Spa-Bereich ist das
absolute Profit-Center für jedes Hotel“. Beim Ausbau und auch beim
Umbau der Zimmer und Suiten rede Hausherr Würth gerne ein Wörtchen
mit, verrät sein Statthalter. Der Patriarch möchte schließlich, dass
seine Gäste sich rundum wohl fühlen. Im Visier hat er vor allem
„wohlhabende Genussmenschen“.
Für den Genuss steht der Name Eiermann, der gerne von sich behauptet,
er habe „die Esskultur mit der Muttermilch eingesaugt“. Der 61-jährige,
der mit 28 der „jüngste Sternekoch Deutschlands“ war, hat noch viel
vor. Zumindest kann er sich vorstellen, „mit 82 als ältester
Sternekoch“ abzutreten. Derzeit freilich freut er sich über den Titel
Koch des Jahres 2007 “, den ihm die Bertelsmann-Tochter Wissen Media
verliehen hat. Auch Reinhold Würth freut sich. Die Geschäfte gehen
gut…

Info:  Schloss
Langenburg
, 74595 Langenburg, Tel. 07905/94190-0, Fax 1040, E-Mail: fiorina.melzer@schlosslangenburg.de,
Internet:  www.schloss-langenburg.de
Eintritt Ins Schlossmuseum:
2,10 Euro, mit Automuseum 5,90 Euro, Montag Ruhetag

Kunsthalle Würth,  Lange Str.
35, 74523 Schwäbisch Hall, Tel. 0791/94672-0, Fax -55, E-Mail: museum@wuerth.com, Internet: www.kunst.wuerth.com,  täglich von 10 bis 18 Uhr,  Eintritt fünf Euro, ermäßigt drei Euro.

Sudhaus, gegenüber der Kunsthalle, Brauerei mit bodenständiger
Küche und Sommerterrasse

Altes Amtshaus, 74673 Mulfingen-Ailringen, Kirchbergweg 3, Tel.
07937/970-0, Fax 30, E-Mail: info@altesamtshaus.de,
www.altesamtshaus.de

Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe, 74639 Friedrichsruhe, Tel.
07941/6087-0,  Fax 61468,  www.friedrichsruhe.de

Panoramahotel Waldenburg, Hauptstr. 84, 774638 Waldenburg,  Tel. 07942/9100-0, Fax 888, Internet:  www.panoramahotel-waldenburg.de

 

    

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