Hotels: Luxus oder Budget – Wo ist der Weg aus der Krise?

Die Krise hat die Hotels im Würgegriff, der Druck ist groß, mit den Preisen runterzugehen. Vor allem in der Luxushotellerie, wo die Geschäftskunden ausbleiben. Scheinbar unbelastet expandiert die Budget-Hotellerie in immer neue Häuser in bester Stadtlage. „Budget oder Luxus: Wo ist der Weg aus der Krise?“ fragte die Touristische Runde im September. Maria Pütz-Willems, seit 20 Jahren mit der Materie bestens vertraut und Chefredakteurin des Online-Branchendienstes www.HospitalityInside.com, befragte dazu im Bayerischen Hof die Hotelchefin Innegrit Volkhardt, Reinhold Weise, Direktor des Westin Grand München und Area Manager Süddeutschland innerhalb der Arabella Hospitality Group, Sascha Gechter, Geschäftsführer der Meininger Hotels mit Sitz in Berlin und Philippe Weyland, Geschäftsführer der Motel One Group aus München.

Klar ist von Anfang an, dass das Thema vor allem in Krisenzeiten
polarisiert. „Luxus“, definiert Maria Pütz-Willems, habe immer „etwas
Verlockendes“, ob im Grand Hotel oder bei Newcomern wie Design Hotels,
Nature Hotels oder Boutique Hotels, ob im Privat- oder im Kettenhotel.
Auf der anderen Seite machen die Budget Hotels vor allem den
Familienpensionen Konkurrenz. Auch da gibt es inzwischen verschiedenste
Versionen von Zero über Low bis zu Luxus Budget. Und mit Hoteltypen wie
Garden Inn, aloft oder Holiday Inn Zwischen-Kategorien, die ebenfalls
im Wettbewerb stehen. Druck kommt auch aus der Hostel-Schiene. Die
Moderatorin nennt als Beispiel die „Superbude“ in Hamburg oder auch
Design Hostels in Lissabon. Ein schwer durchschaubarer Markt also.
Pütz-Willems: „Da hangeln wir uns munter durch den Begriffswald und
hoffen trotzdem, dass wir irgendwo ein gutes Bett finden.“
Darum machen sich die Referenten die wenigsten Sorgen. Und bei den
Fragen nach der Bewertung von Lage, Preis, Kategorie/Image, Standards
und Ambiente gibt es überraschend viel Gleichklang. Zwar halten Gechter
und Weyland einmütig in der Luxushotellerie den Preis für unwichtig,
wobei Volkhardt und Weise dagegen halten. Aber bei der Frage nach der
Bedeutung von Image sind sich Gechter und Weise einig, dass Budget
wenig profitiert, während Weyland das Image auch im Budgetbereich für
unverzichtbar hält. In (fast) allen anderen Fragen gibt es keine oder
kaum Unterschiede. Und trotzdem klaffen Welten zwischen den beiden
Konzepten.
Von der schwierigen Vermarktung teurer Privathotels in Krisenzeiten
spricht Innegrit Volkhardt. „Warum soll der Gast 300 Euro im
Bayerischen Hof ausgeben?“ fragt sie und gibt gleich die Antwort: „Weil
er hohe Erwartungen an Luxus, Dienstleistung und Ambiente hat und die
ihren Preis haben.“ Als Hotelchefin müsse sie sich immer wieder fragen,
ob sie die Erwartungshaltung der Gäste für das Geld, das sie bekomme,
auch erfüllen könne. Deshalb könne sie bei dem „irrsinnigen
Preisdumping“ nicht mithalten. Das koste Gäste. Der Bayerische Hof
verliere derzeit mehr als andere Hotels. Aber noch verspüre sie keinen
wirtschaftlichen Druck. „Wir können durchhalten.“
Reinhold Weise hat da eine andere Ausgangslage, auch wenn er die
komfortable Stellung der ArabellaStarwood Hotels als Unternehmensteil
der Schörghuber Gruppe herausstellt. Was derzeit auf dem Hotelmarkt
passiert, sei „Wahnsinn“, kritisiert er und räumt ein: „Wir unterliegen
diesem Druck. Ganz klar.“ Es gehe darum, Preis und Auslastung so
auszutarieren, dass es für die Hotels einen gangbaren Weg gebe. Die
derzeitige Krise sei „in ihrer Breite“ auch nicht vergleichbar mit der
von 2003. Damals waren die Hotelpreise auch eingebrochen, aber sie
zogen bald darauf wieder an. Derzeit sieht Weise noch keinen
Silberstreif am Horizont. Er hofft nur, dass die Reiserestriktionen der
Firmen bald wieder aufgehoben werden. Das wünscht sich auch die Chefin
des Bayerischen Hofs. Denn derzeit könnten die Geschäftsreisenden die
Preise bestimmen. So wie es Siemens praktiziere, die einen Zimmerpreis
von 99 Euro diktierten „take it or leave it“. Da käme ein Hotelmanager
schon ins Grübeln, gibt Weise zu. Zumal die Preisgleichheit, die in den
Reservierungssystemen gefordert wird, den Dumpingpreis auch für
Privatkunden sichere.
Diese Probleme haben die Budget Hotels aus zweierlei Gründen nicht. Zum
einen steuern sie die Reservierung über eigene websites und sind nicht
von einem Reservierungssystem abhängig. Zum anderen gäbe es keine
Preisverhandlungen. „Wir sind auch unter Druck gesetzt“, sagt Weyland,
„Aber es gelingt uns, einen Preis durchzuhalten.“ Gute Lage, guter
Preis, gutes Produkt, für Weyland ist das der Dreiklang des Erfolgs. Da
können die Preise schon mal anziehen. Vor zehn Jahren kostete ein
Zimmer im Motel One 32 Euro, heute muss der Gast 69 Euro zahlen.
Weyland begründet den Preisanstieg auch mit dem verbesserten Angebot.
„Wir haben jetzt Granitboden und Loewe TV. Der Gast bekommt schon was
fürs Geld.“ Bei der Preiskalkulation halte man sich an die Grundregel,
dass ein Tausendstel des Herstellungspreises den Zimmerpreis ergebe.
Auch die Lage bringe neue Kunden. Waren die früheren Billighotels Etap
oder Ibis in Gewerbegebieten angesiedelt, residiert Motel One
beispielsweise in Berlin am KuDamm.
 Auch für Sascha Gechter ist die zentrale Lage ein wichtiges Argument.
„Wer Meininger bucht, schläft immer zentral“, betont der Manager. Die
günstigen Preise ließen sich nur durch „absolute Fokussierung auf die
Kernprozesse“ erzielen. Bei Meininger werde ganz nach dem Vorbild von
Aldi oder Liedl auf jeden „Schnickschnack“ verzichtet. Auch biete man
den Gästen deutlich kleinere Zimmer. „Man muss konsequent sein“, gibt
Gechter den Weg vor. Meininger kommt aus der Hostellerie (ein Bett mit
Frühstück für 12 Euro im Mehrbettzimmer, immer im Zentrum) und habe die
Atmosphäre beibehalten. Noch heute lasse sich ein Doppelzimmer „mit ein
paar Handgriffen“ in ein Vierbettzimmer verwandeln. Das neue Logo
„Meininger the urban treaveller’s home“ treffe es sehr gut. „Wir sind
urban und pflegen ein bisschen auch die Starbuck-Philosophie als
Begegnungsstätte“. Offenbar mit Erfolg: Seit der Gründung hat Meininger
alle zwei Jahre den Umsatz verdoppelt.
Auch die Motel One Group boomt. „Alle 24 Hotels verdienen Geld“,
erklärt Weyland und verweist auf die „transparenten Zahlen“ auf der
website. Aber auch Motel One habe Gäste verloren. Privatkunden
wanderten in Hotels der teureren Kategorie ab, die inzwischen
finanzierbar geworden sind. Auf der anderen Seite habe man auch Gäste
gewonnen, die von anderen Hotels kamen, und die beispielsweise auf
Geschäftsreisen keinen Spa-Bereich mitfinanzieren wollten.
Für Weise ist das heterogene Hotel-Portfolio der ArabellaStarwood
Gruppe
Westin, Sheraton, Starwood, Four Points – in diesen Zeiten von
Vorteil. „Wir sehen eine Wanderung zur nächst tieferen Hotelgruppe, vor
allem bei Geschäftsreisen“, erklärt er. Und: „Es gibt Schwellen, da
können wir nicht mehr mit.“ In Berlin, wo Marriott-Gäste nach
Informationen von Maria Pütz-Willems ein Upgrade ins Ritz Carlton
bekommen, ist diese Schwelle schon überschritten. „Da werden glatt
Marken übersprungen“, wundert sich die Moderatorin.
Noch schreiben auch Weise und Volkhardt schwarze Zahlen. Damit das auch
so bleibt, denkt Weise daran, „das eine oder andere Goody“ wegzulassen,
um unbemerkt sparen zu können. Für Innegrit Volkhardt kommt das nicht
in Frage. „Wir halten das Niveau mit allem, was der Kunde von uns
erwartet“, sagt sie. „Sparen wäre eine Katastrophe.“ Zwar seien für
einen Privatgast 50 Éuro hin und wieder schon ein Problem. Aber es gebe
auch Gäste, die nicht nach dem Preis fragen. Dann allerdings müsse
alles hundertprozentig stimmen. Vom „Luxus-Sorglos-Paket“ spricht Weise
in diesen Fällen.
Nicht weniger, sondern sogar mehr fürs Geld bekommen die Gäste derzeit
bei den Budget-Hotels. Weyland spricht von einer Qualitätsoffensive und
teurer Frotteewäsche. Der Gast dürfe nicht das Gefühl haben, dass das
Hotel älter ist als ein halbes Jahr.
Einig sind sich alle Referenten, dass die Mitarbeiter den Erfolg des
Hauses ausmachen. Deshalb habe der Bayerische Hof, so Volkhardt „viel
in die Mitarbeitet investiert. Da gibt es nichts zu toppen.“ Auch Weise
weist auf das Mitarbeiter-Training der Hotelgruppe hin und die hohen
Investitionen bei der Umstrukturierung des Arabella Grand Hotels zum
Westin. „Es passiert auch in der Richtung viel, um die Produkte an die
steigenden Ansprüche der Kunden anzupassen.“
Bei den Budget Hotels sind die Ansprüche an die Mitarbeiter andere.
Weyland: „Der Gast erwartet nicht die oberste Kompetenz. Wichtiger ist
die Freude an der Arbeit, die ansteckend ist.“ Bei Motel One jedenfalls
gebe es für engagierte Mitarbeiter gute Job-Perspektiven. „Von der
Wiege bis zur Bahre“, so Gechter, reiche das Kompetenz-Modell bei
Meininger. Unter den Kriterien hebt er Dienstleistungsbereitschaft und
Frustrationstoleranz hervor. Wichtiger als eine Hotelfachschule sei die
Persönlichkeit.
In der nächsten Zeit hat Motel One noch weitere Expansionsgelüste. In
zwei Jahren will die Gruppe deutschlandweit über 9000 Zimmer verfügen.
Zu den vier schon bestehenden Hotels in Berlin sollen weitere vier
hinzukommen. „Haben Sie denn keine Skrupel, die Stadt mit Motel Ones zu
überziehen?“, fragt Maria Pütz Willems den Geschäftsführer. „Wir nehmen
den Privatpensionen, die nicht investiert haben, die Gäste“, wiegelt
Weyland ab. Für Gechter allerdings kann es nicht unendlich aufwärts
gehen. „Zur Zeit spielt uns der Boom einer freiwilligen Askese
(Downshifting) in die Hände“, meint er. „Aber wir müssen uns in der
Expansion auch selbst beschränken, weil es immer Zyklen gibt, die
irgendwann ins Gegenteil umschlagen.“
Darauf können die Luxushotels derzeit nur hoffen.

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