Ein junger Amerikaner, katholisch, verliebt sich in eine orthodoxe Jüdin und – fast gleichzeitig in die Lebensgeschichte eines ausgewanderten Juden. Und was für eine Geschichte das ist.
Sie beginnt mit einem Pogrom, während dessen der junge Itzik Malpesch
das Licht einer feindseligen Welt erblickt. Aus der Realität – sein
Vater ist Leiter einer Daunenfabrik, in der Gänse auf Dornenrädern
buchstäblich zu Tode gerupft werden – stiehlt sich der junge
Talmudschüler mittels Lese-Häppchen, die er für hart erarbeitete
Groschen einem Mitschüler abkauft. Die Literatur wird so zur einen
großen Leidenschaft des jungen Juden. Die andere gehört Sascha Bimko,
der Metzgerstochter, die angeblich bei seiner Geburt eine heldenhafte
Rolle gespielt hat. Sascha wird zu Itziks Muse im fernen Amerika. Ihr
widmet der arme Einwanderer die Gedichte, die er nächtens und in den
kargen Arbeitspausen verfasst.
Und dann geschieht etwas, das eigentlich nur im Märchen passiert:
Sascha erscheint zu einer Lesung – und Itziks Leben gerät aus dem
Tritt. Nur das Unglück scheint an seinen Fersen zu kleben. Und wieder
ist es die Literatur, die ihm hilft zu überleben. Sie ist es auch, die
den jungen Amerikaner und seine Clara wieder zusammenführt. Denn über
Malpeschs gefährdete Bibliothek erfährt Clara auch etwas über ihre
eigene Herkunft…
Peter Manseau hat ein Faible für Religionsgeschichte. Das spürt man in
jeder Zeile dieses Buches. Und er hat ein Gespür für Sprache. Das macht
dieses Buch über einen jiddischen Dichter zum Lesegenuss. Eine
irrwitzige Familiensaga, die locker 100 Jahre überspannt, und ebenso
komisch wie tragisch ist, auf alle Fälle aber eine großartige Hommage an
die Literatur.
Info: Peter Manseau, Bibliothek der unerfüllten Träume, Hoffmann und Campe, 446 S., 23 Euro