Höllentrip: Richard Grants „Bandit Roads“

„Ein Schleusentor ging auf und ich heulte unkontrollierbar, nicht nur um diesen Hund, sondern wegen all des Leids, der Gewalt, der Tragödien, der Grausamkeit, des Elends der Skrupellosigkeit und der Brutalität in diesen Bergen, wegen der hungrigen Kinder in Tizonazo, dem ernsten Jungen mit dem verkümmerten Arm, der schwangeren Fünfzehnjährigen, die ihren Vergewaltiger heiraten musste, wegen der Witwen und Waisen und weil ich von all dem so kaputt und genervt und erschöpft war.“
Er hatte es nicht anders gewollt, der Engländer Richard Grant. Er wollte in die Sierra Madre, mitten hinein ins „gesetzlose Herz Mexikos“, wollte die „Bandit Roads“ befahren, die ihn geradewegs in die Hölle auf Erden beförderten.

Der Journalist wollte keine der Warnungen hören, er brachte sich selbst in tödliche Gefahr und seine Freunde an den Rand des Irrsinns.
Doch die Geschichte, die Grant aus dieser wilden Welt mitgebracht hat, lohnt den Einsatz. Sie ist großartig und verrückt, gnadenlos und unglaublich, kurz: sensationell gut. Grant schont bei seinem schrägen, bissigen, ja fast surrealen Reisebericht niemanden, am wenigsten sich selbst. Wenn er seine Begegnungen mit Drogendealern, Outlaws, Indianern, mit mexikanischen Machos und Leid geprüften Frauen schildert, tut er das ohne schützende Distanz. So unmittelbar werden Leser selten mit dem Leben der anderen konfrontiert, die ihnen bedrohlich fremd sind. Dies ist Pulp Fiction in Realität: Männer, die ohne mit der Wimper zu zucken  töten. Aus purer Langeweile. Der reinste Wahnsinn. Und das in einer Landschaft, die berauschend schön sein muss mit dramatischen Schluchten, in denen noch legendäre Tiere auf Jagd gehen. Grants Buch ist alles andere als eine Einladung zu Reisen in die Sierra Madre. Es ist eine geradezu schmerzhaft intensive Auseinandersetzung mit einer rätselhaften, oft bösartigen Anderswelt.  Ein Leseabenteuer erster Güte.   

Info: Richard Grant, Bandit Roads – In das gesetzlose Herz Mexikos, Frederking & Thaler on Tour, 315 Seiten, 15,40 Euro, ISBN 978-3-89029-745-3               

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