Der Vater als Feind: Alois Prinz‘ Rebellische Söhne

Sie waren rebellisch, unangepasst und so gar nicht das, was sich ihre Väter wünschten. Vielleicht gerade deshalb, weil die Vaterfigur alles andere überragte, weil der Familienpatriarch dem Sohn keine Luft mehr ließ, keine Freiräume, sich zu entwickeln. So unterschiedlich wie die Väter waren, so unterschiedlich fiel auch die Rebellion der Söhne aus. Und doch waren sie zeitlebens den Vätern in herzlicher Hassliebe verbunden.

Der berühmteste dieser Söhne ist wohl Franz Kafka, der in seinem Brief
an den Vater mit dem Familienoberhaupt abgerechnet hat, der ihm immer
wieder ein Gefühl der Erniedrigung gegeben hat. Auch Klaus Mann hatte
große Probleme mit der übermächtigen Vaterfigur des weltberühmten
Nobelpreisträgers. Thomas Mann duldete keinen neben sich, auch nicht den
Sohn. Es war auch diese väterliche Missachtung, die Klaus Mann in die
Drogensucht und am Ende in den Selbstmord trieb. Ein ähnliches Ende nahm
Bernward Vesper
, obwohl er ganz andere Schwierigkeiten mit seinem
Vater, dem bekannten Nazi-Schriftsteller Will Vesper, hatte. Bewunderte er zunächst
den erfolgreichen Vater, hatte er später nur mehr Verachtung übrig für
einen Mann, der zum Feind seiner Zeit geworden war. Ohne die bestimmende
Vaterfigur aber war Vesper verloren, ein ewig Suchender, der letztlich
scheitern musste. Ganz so hart traf es Hermann Hesse nicht, obwohl auch
er seine Kämpfe mit dem bürgerlich-biederen Vater auszufechten hatte.
Bis er erkennt, dass Vater und Sohn keine feindlichen Gegensätze sind,
sondern einander brauchen und ergänzen. Noch deutlicher wird diese
gegenseitige Abhängigkeit bei Michael und Edgar Ende. Michael, der
Schriftsteller, wäre ohne den Edgar, den Maler, nicht möglich gewesen,
auch wenn er sich zeitweise gegen den lebensfremden Vater gestemmt hat.
Dass die Rebellion der Söhne nichts Neues ist, zeigen zwei Beispiele aus
alter Zeit: Martin Luther musste sich erst gegen seinen herrischen
Vater durchsetzen, ehe er sich gegen die Kirche auflehnte. Und Franz von
Assisi
musste sich erst selber finden, ehe er sich dem Einfluss des
Vaters entziehen konnte. War er als der „Playboy“ der ganze Stolz des
reichen Händlers, so verfolgte der Vater den Sohn, der für die Armut und
die Selbstlosigkeit entschieden hatte, mit grenzenlosem Hass. In seinem
Weltbild hat dieser Sohn keinen Platz.
Alois Prinz zeigt mit seinen kurzen Lebensgeschichten berühmter Söhne
und ihrer Väter, wie kompliziert diese Beziehung ist – und wie wichtig.
Nicht umsonst hat Alexander Mitscherlich vor der vaterlosen Gesellschaft
gewarnt. Die Söhne, schreibt Prinz im Epilog müssen gegen die Väter
aufbegehren, das gehöre zu jener „same old story“, die Cat Stevens
besungen hat. Die Väter aber müssen den Söhnen den Weg zeigen und dies
auch mit liebevoller Autorität vertreten. Nur dann kann die Rebellion
der Söhne gelingen.
Info: Alois Prinz, Rebellische Söhne, Beltz & Gelberg, 355 S., 16,95 Euro

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