Während sich seine Kinder Sorgen um die Luft machen, die ihnen den Atem
nimmt, muss sich der Commissario mit einer Müllmafia herumschlagen, die
skrupellos Problemmüll durchs Land kutschiert und da entsorgt, wo die
Obrigkeit wegschaut. Wer dahinterkommt ist seines Lebens nicht mehr
sicher wie der junge Carabiniere, der Brunettis Hilfe erbeten hatte.
Transportunternehmen, Frachtschiffe, Geräte für Erdbauarbeiten,
Lastwagen sind hilfreich bei den heimlichen Transaktionen. Und genau
darüber verfügt auch ein Milliardär, der Brunettis adeligen
Schwiegervater gerne zum Geschäftspartner hätte. Der Conte ist skeptisch
und nicht ganz skrupellos. Er lässt seinen Schwiegersohn die
Hintergründe recherchieren. Und der Commissario braucht eigentlich nur
die losen Enden seiner Fälle zu verbinden, um mafiösen Verflechtungen
auf die Spur zu kommen.
Welche Rolle die bis zur Unkenntlichkeit geliftete Frau des Milliardärs,
die Brunetti mit ihrer Belesenheit verzaubert, bei dem Ganzen spielt,
erschließt sich erst ganz zum Schluss. Und wieder einmal kann der
Commissario mit dem Ergebnis seiner Arbeit nicht ganz zufrieden sein.
Zwar bezahlt der Mörder des Carabiniere mit seinem Leben, zwar wird eine
tödliche Müllfuhre aufgedeckt, aber die Hintermänner bleiben im Dunkeln
und der illegal entsorgte Problemmüll wird weiterhin Luft und Wasser
vergiften – und Menschen reich machen, die sich nicht darum scheren, was
nach ihnen kommt.
Auch Commissario Brunettis achtzehnter Fall ist weniger ein
Kriminalroman als die bitterböse Abrechnung mit einer Gesellschaft, für
die der schöne Schein das wichtigste ist. Wieder einmal wagt sich die
Wahlvenezianerin Donna Leon an ein brisantes Thema – das der
international agierenden Müllmafia – und verarbeitet es nach bewährter
Manier zu einem gefälligen Kriminalroman vor dem pittoresk verschneiten
Schauplatz Venedig. Brunetti-Fans werden nicht enttäuscht. Wer einen
Krimi mit viel Action erwartet, sollte allerdings die Finger von diesem
Buch lassen.
Info: Donna Leon, Schöner Schein, Diogenes, 344 S., 21. 90 Euro
23Jun. 2010
Der Commissario und der Müll: Donna Leons „Schöner Schein“
Brunetti bleibt auch nichts erspart. Donna Leon tunkt die Nase des Commissarios wieder einmal tief in den Geruch der Korruption, die nicht nur im Süden Italiens zum Himmel stinkt. Auch Venedig bekommt davon ein gutes Stück ab. Diesmal ist es Müll, der – illegal entsorgt-, die einen reich, die anderen krank macht und Brunetti schlaflose Nächte beschert.