Mal ehrlich: Hätten Sie gewusst, dass Mustang eine deutsche Jeans-Marke ist? Und aus Künzelsau kommt? Tatsächlich wurden die ersten europäischen Jeans in Hohenlohe genäht und Albert Sefranek ging als der Vater der deutschen Jeans in die Geschichte ein. Wie es zu diesem blauen Wunder kam, darüber informiert -musikalisch untermalt und unterhaltsam in Szene gesetzt – seit 2007 das Mustang Museum in Künzelsau. Auf zwei Etagen lädt es zu einer Reise in die Firmengeschichte ein, in der sich auch ein Stück deutscher Geschichte spiegelt. Geschichte und Mode, Musik und Zeitgeist – das ist der Stoff, aus dem das Museum schöpft. Zu sehen sind Filme und Werbspots, neueste Veredelungstechniken und alte Nähmaschinen.
Denn damit hatte alles begonnen. 1932 ließ die schwäbische „Powerfrau“ Luise Hermann emsige Schwäbinnen an sechs Nähmaschinen Arbeitskleidung und Kittelschürzen nähen. Als Sohn Rolf Hermann und Schwiegersohn Albert Sefranek aus dem Krieg heimkehrte, konfrontierte die Unternehmerin die jungen Männer resolut mit ihren Vorstellungen: „Wir brauchen keinen Studierten. Wir brauchen einen, der schafft.“ Sefranek schaffte einen Auftrag über 300 blaue Hosen heran, bei den Älteren im damals prüden Schwabenländle noch als „Karussellfahrerhosen“ verpönt, bei den Jüngeren als Hosen der Sieger hoch im Kurs. Den Schnitt hatte der findige Jungunternehmer von einer Originaljeans kopiert, die er im Frankfurter Rotlichtviertel einem US-Soldaten gegen sechs Flaschen Hohenloher Schnaps abgeschwatzt hatte. So richtig sexy waren die „Hermann Jeans“ zwar noch nicht, aber 1958 kam zum Original-Schnitt auch der Originalstoff aus den USA – und dann der Name, der das Lebensgefühl von Freiheit und Abenteuer suggerierte: Mustang.
Fortan galoppierte die blaue Jeans aus Künzelsau auf der Erfolgsspur, wurde zu Everybody’s Darling und zum Kultobjekt, für das Liedermacher Reinhard Mey ebenso seinen Kopf hinhielt wie Bergsteiger-Legende Reinhold Messner. Das neue „Lifestyle-Konzept“ verbandelte Jeans und Musik. Im Museum sind sie denn auch alle versammelt, die Jeans tragenden Heroen der Nachkriegszeit mit ihren Hits: Elvis, die Stones, Kurt Cobain und all die anderen.
Selbst bei den Edel-Kreativen, erfährt man, machte das blaue Wunder Furore, als Designer-Jeans etwa bei Joop und später dann bei Bogner. Inzwischen kann man Mustang sogar riechen, seit 2007 gibt es ein Parfüm mit dem Namen des wilden Hengstes. Und in den 190 eigenen „Stores“, die nach dem Franchise-Konzept funktionieren, werden die „Jeans in Szene gesetzt“, nicht einfach nur schnöde verkauft. Getreu der Firmenphilosophie von Heiner Safranek, der die Firma in die Zukunft führt: "Marken machen, Mode machen, Trends setzen."
Schon vor Jahren, als er selbst noch nicht die blauen Beinkleider trug, weil sie „eine Weltanschauung ausdrückten, die nicht die meine war“, wusste Gründervater Albert Sefranek, heute 88 und inzwischen überzeugter Jeansträger: „Die Jeans wird uns alle überleben.“ Wie wahr. Längst haben sich die Bürger die Hose der Revoluzzer und Renitenten, in der Joschka Fischer als Umweltminister noch aneckte, übergestreift. Das Bürgerschreck-Image ist passe. Glitzer-Jeans mit Swarovski-Steinchen haben die einstigen Arbeiterhosen längst auch in der Welt der Reichen und Schönen Salon fähig gemacht. Abschreckend ist da höchstens noch der Preis.
Dass so ein blaues Beinkleid nicht ganz billig sein kann, führt das Museum ebenfalls vor Augen: Im Durchschnitt besteht eine Hose aus 60 Einzelteilen. Vernäht werden 1,30 Meter Stoff, 300 Meter Garn und 16 Zentimeter Reißverschluss, bis zu 100 Arbeitsschritte sind dazu notwendig. Wer trotzdem auf ein Schäppchen hofft, wird vielleicht im Werksverkauf fündig – auch den gibt’s in Künzelsau.
Info: www.mustang-museum.de