„Ich wollte einmal hoch hinaufsteigen, um tief in mich hinabzusehen.” Typisch Reinhold Messner, solche Sätze. Der Mann hat sich noch nie mit Halbheiten zufrieden gegeben. Auch nicht als Museumsmacher. Es musste
Sigmundskron sein, die geschichtsträchtige Burg über Bozen. Die Burg, wo die Südtiroler unter Silvius Magnago ihre Autonomie einforderten, sollte das Herz seines fünfteiligen Mountain Museums werden. Die Proteste waren programmiert. Messner, der ungeliebte Prophet im eigenen Land, wolle die Burg vereinnahmen, hieß es. Jetzt sind die Proteste verstummt. Das Museum Firmian in Schloss Sigmundskron ist eröffnet und selbst die größten Kritiker sind zufrieden.
Es liegt ein fast unwirklicher Zauber über dieser Burg über dem Eisacktal. Ja, das ist der verzauberte Berg, den Messner beschwört. Die moderne Struktur aus Stahl und Glas innerhalb der alten Befestigungsmauern lädt dazu ein, zu entdecken, „was der Berg mit dem Menschen macht.” Und dazu müssen die Besucher nicht einmal ganz hoch hinauf steigen. Es genügt, dass sie in den Türmen treppauf, treppab laufen, dass sie hinein sehen in Höhlen, die Heimat des Zwergenkönigs Laurin, dass sie über die Brücken wandern und hinaus blicken auf die weite Landschaft, die sich zu Füßen des Burgbergs auftut. Das Museum lädt sie ein, über die Begegnung zwischen Berg und Mensch nachzudenken und vielleicht auch über das eigene Leben, das wie eine solche Wanderung über Berg und Tal führt.
Nicht jede(r) ist dafür geeignet. Die Liste der Verhaltensmaßregeln am
Eingang ist lang: „Nur mit festem Schuhwerk” heißt es da, „nicht geeignet
für Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer, Kinderwagen” und „Hunde haben keinen
Zutritt”. Kein Wunder, der Boden innerhalb der Anlage ist uneben, die
Treppen aus verrostetem Stahl sind steil und durch Glasböden fällt der
Blick in den Türmen direkt in die Tiefe. Schwindelerregend.
Acht Türme sind zu entdecken, darunter auch der weiße Turm, der Südtirol
vorbehalten ist und auf sechs Etagen die Geschichte des kleinen Landes
ausbreitet. Ein Panorama-Rundblick offenbart aber auch, dass Südtirol in
der Neuzeit angekommen ist: Das Bozener Industriegebiet frisst sich wie ein Krebsgeschwür in die Landschaft.
Auch dagegen scheint sich die Burg mit ihren dicken Mauern zu wappnen. Ein überlebensgroßer Buddha dominiert den Blick auf die Befestigungen. Drinnen schweben Buddhas Jünger zu meditativen Klängen und eine riesige Gebetsmühle trägt die Wünsche der Besucher in die Welt hinaus. Der Museumsmacher Messner verneigt sich vor den fernöstlichen Göttern, den Herrschern über die höchsten Berge der Welt. Einen „Tanzplatz” hat er den schönsten Götterstatuen in den Mauernischen eingerichtet und ganz unten in Turm fünf sind die „Angst machenden” Götter versammelt, Götzenbilder aus Afrika und Australien. Denn die Berge meinen es nicht immer gut mit den Menschen, die ihnen zu nahe kommen. Reinhold Messner hat das am eigenen Leib erfahren.
„Heidi, komm her,” ruft eine Touristin irgendwo drinnen , „da ist der Schuh vom Günter Messner.” Mitten unter den „Reliquien”, wie Messner die gesammelten Ausrüstungsgegenstände großer Bergsteiger nennt, steht auch der Schuh seines am Nanga Parbat tödlich verunglückten Bruders. „Der ist aber gut erhalten”, wundert sich die Touristin. Tatsächlich wurde der Stiefel fast unversehrt aus dem Eis geborgen. Auch das Zelt von Anderl Heckmair, das dem wagemutigen Allgäuer Bergpionier bei der Erstbesteigung der Eiger Nordwand Zuflucht bot, ist zu sehen in dieser Installation zur Geschichte des Alpinismus. Besonders originell ein Regal mit Weckgläsern. Keine Marmeladen oder Früchte sind hier eingeweckt, sondern Kletterseile.
Und immer wieder laden Fenster dazu ein hinauszusehen. Nicht auf die Berge als Postkartenmotiv, wie die meisten von uns sie kennen. Sondern auf die wirklichen Berge, auf denen die Menschen ihre Spuren hinterlassen haben. Müll zum Beispiel. Im letzten Turm, dem Turm der Vergänglichkeit, stapelt sich Müll vom Mount Everest. Draußen vor den Fenstern erhebt sich der Müll-Berg von Bozen, der gerade renaturiert wird. Hier soll einmal ein Naherholungsgebiet entstehen und ein Parkplatz für das Museum Firmian auf Schloss Sigmunskron.
Denn die Besucher kommen in Scharen. Sie wollen die Burg sehen und die
Bilder und Skulpturen, die Messner zusammen getragen hat. Sie wollen
erfahren, was wirklich geschehen ist am Nanga Parbat und was die
Bergvagabunden und Pioniere bei ihren lebensgefährlichen Touren umtreibt.
Der Südtiroler Architekt Werner Tscholl hat ihnen dazu die nötigen
Einbauten geliefert. Es sind auch Stufen zur Erkenntnis. Sie müssen nicht
auf den höchsten Berg der Welt steigen, um tief in sich hinabzusehen.
Info: Öffnungszeiten: 10 bis 18 Uhr, Montag Ruhetag. Vom 24. 12. bis 28. 2.geschlossen.
Eintrittspreise: Erwachsene zahlen acht Euro, Kinder von sechs bis 14
Jahren drei Euro, Studenten, Schüler und Senioren ab 65 Jahre sechs Euro.
Für zwei ERwachsene und mindestens zwei Kinder bis 14 Jahre gibt es eine
Familienkarte für 18 Euro.
Info im Internet: www.messnermountainmuseum.de