Herbjorg Wassmo hat sich in ihrem Roman „Zwischen zwei Atemzügen“ eines diffizilen Themas angenommen. Es geht um Mädchenhandel und die norwegische Autorin, die für ihre Bücher schon vielfach ausgezeichnet wurde, schafft die Gratwanderung ohne den Leser zum Voyeur zu machen.
Die 15-jährige Dorte will nach Schweden, um dort als Serviererin das Geld zu verdienen, das Mutter und Schwester in ihrer neuen Heimat Litauen dringend brauchen. Doch Dorte ahnt nicht, dass sie skrupellosen Mädchenhändlern in die Falle gegangen ist. Wie skrupellos diese Männer sind, schildert Wassmo in einer Szene, die in ihrer Eindringlichkeit fast unerträglich ist. Nur indem sie sich in Träume flüchtet, in ihre Kindheit oder die erste Liebe zum Bäcker Nikolai, kann Dorte das Entsetzliche überleben, kann sie die Erniedrigung aushalten. Die Männer, die sie benutzen, haben keine Gesichter. "Sie waren mehr oder weniger schwer. Hatten mehr oder weniger harte Hände. Brauchten mehr oder weniger Zeit. Aber nach und nach deutete sie alle – merkte an Geräuschen und Bewegungen, wann sie sich darüber freuen konnte, dasses für dieses Mal vorüber war. Und dann blieb nur der Gestank nach faulen Eiern."
Doch Dorte erfährt auch Hilfe und fast eine Art Freundschaft – von Lara, der abgebrühten Russin, die auf sie aufpassen soll. Von Tom, dem transsexuellen Zuhälter und schließlich von einem Journalisten, der die üblen Zustände in Norwegens Rotlicht-Szene aufdecken will, auch von einem Freier, der nur Zuwendung sucht.
Wassmo schreibt teils drastisch, teils unendlich poetisch. Ein verstörendes Buch. All jenen zur Lektüre empfohlen, die Frauen gerne als Huren sehen und in Huren keine Menschen.
Info: Herbjorg Wassmo, Zwischen zwei Atemzügen, Droemer, 424 S., 19,95 Euro