Die Nullerjahre sind vorbei – und womöglich auch die fetten Jahre für den Tourismus. Die Glamour-Branche hat an Glanz verloren und sich in diesem Krisenjahr so manches hochgesteckte Ziel abschminken müssen. Nur weil deutlich mehr Reisen zu günstigeren Preisen verkauft wurden, konnten die Umsätze annähernd gehalten werden.
Elefantenhochzeiten und Zukäufe um jeden Preis gehören wohl der
Vergangenheit an. Man besinnt sich wieder auf das Wesentliche. Und das
ist für die Touristen eine gute Nachricht. Statt immer neue
Luftschlösser zu entwerfen, wird am Produkt gefeilt. Der Pauschalurlaub
wird immer individueller. Es gibt Reisen für Harley-Fahrer und
Bahnliebhaber, Reisen für Gourmets und Asketen, Reisen für Zahnkranke
und Fußball-Freunde, Luxusreisen und Low-Budget-Touren. Selbst Reisen
zu Schönheitsoperationen sind möglich. So bekommt der „schöne Urlaub“
eine ganz neue Bedeutung.
Kaum etwas, was es nicht gibt. Wir haben’s
uns ja verdient.
Bei aller Konkurrenz ist Deutschland für die Deutschen wieder ein
attraktives Reiseland. Und wenn Ruhr2010 als Kulturhauptstadt seine
Vorzüge ins rechte Licht rückt, könnte so mancher Fernreise ein
Schattendasein drohen. Schließlich macht das Fliegen in engen Maschinen
und zu austauschbaren Zielen immer weniger Spaß – und ein schlechtes
Gewissen dazu.
Wenn soviel von Umwelt die Rede ist, kommt auch der
Urlaub auf den Prüfstand. Und da ist die Bilanz ähnlich flau wie die
von Kopenhagen. Die Branche muss erst noch ihre Hausaufgaben machen und
statt vieler kleiner Aktionen nachhaltige Initiativen ergreifen. Die
intakte Natur, mit der die Kataloge so gerne werben, gibt es schon
längst nicht mehr. Ihre Rückeroberung ist nicht für lau zu haben und
fordert Umdenken auf der ganzen Linie.
Die Veranstalter stecken in einer Zwickmühle. Sie müssen profitabel,
dürfen aber nicht teuer sein. Die Kunden schauen wieder auf den Preis..
Sie wollen mehr haben für ihr hart verdientes Geld. Die Urlaubsreise
ist kein Selbstläufer mehr. Das Jahr hat gezeigt, dass man sich auch
auf Balkonien erholen kann, ohne rot zu werden. Wenn die Krise auf den
Arbeitsmarkt durchschlägt, könnte diese Einsicht so weit um sich
greifen, dass wir den Titel „Reiseweltmeister“ verlieren, den wir in
diesem Jahr noch gehalten haben.
Da helfen dann auch die vielen
zusätzlichen Bonbons nicht, mit denen die Veranstalter zögerliche
Bucher zu überzeugen versuchen. All die Gratisnächte und
Zimmer-Upgrades, die Früchtekörbe und Begrüßungscocktails, die
Gratis-Wellnessbehandlungen und Zusatzprogramme sind nur dann
verlockend, wenn man sich den Urlaub überhaupt noch leisten kann – und
will.
So etwas wie eine Abwrackprämie jedenfalls ist für die Tourismusbranche
nicht in Sicht. Sie muss sich schon selbst am Schopf aus der Krise
ziehen. Das wird nicht ganz ohne Opfer abgehen – minimalinvasive
Eingriffe reichen da wohl nicht.