Auf der Schattenseite: Antje Wagners „Unland“

Sie sind gestrandet, im Haus Eulenruh – Kinder aus zerrütteten Familienverhältnissen. Kinder, die traumatisiert sind, weil ihre Eltern sie missbraucht haben, weil der Vater die Mutter ermordet hat, die Mutter den kleinen Bruder. Sie haben alle schreckliches hinter sich und müssen sich an ein normales Leben erst wieder gewöhnen.

Franka, die eher aussieht wie ein Junge als wie ein Mädchen, fühlt sich
zuerst wie eine Außenseiterin, doch die Bewohner des Hauses Eulenruh
werden schnell zu ihrer Familie. Gemeinsam müssen sie sich gegen die
„Normalen“ in der Schule durchbeißen, gemeinsam kümmern sie sich um die
traumatisierten „Zwerge“, die Jüngsten in der Gruppe. Und sie finden
auch außerhalb ihrer Gemeinschaft Freunde. Das ist die eine Seite der
Geschichte, die Antje Wagner in ihrem spannenden Jugendroman „Unland
erzählt.
Die andere Seite ist Unland, die Schattenwelt. Und da verlässt das Buch
unvermittelt den Boden der Realität zugunsten einer Art Horror-Fantasy.
Auch die hat mit Normal- und Anderssein zu tun. Mit den dunklen Seiten
der Menschen. Mit dem Teil von uns, den wir am wenigsten kennen, weil
wir ihn gar nicht kennenlernen wollen. Franka und ihre Freunde werden
gezwungen, sich mit ihrer dunklen Seite auseinander zu setzen – in
Unland. Ob sie es schaffen, sie zu überwinden, müssen die Leser selbst
entscheiden. Der Ausgang ist offen.
Auch wenn der Roman eigentlich in zwei Teile zerfällt, bleibt die
Geschichte von Franka und ihren Freunden fesselnd und berührend. Allen
Klassen- und anderen Alphatieren zur Lektüre empfohlen.
Info: Antje Wagner, Unland, Bloomsbury, 380 S., 16,90 Euro, ab 14

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