Lukas Hartmann kann das: Geschichte so erzählen, dass sie uns die Gegenwart in anderem Licht sehen lässt. „Räuberleben“ heißt sein neuer Roman über einen Zigeunerhauptmann, genannt Hannikel, der Ende des 18. Jahrhunderts mit seiner Sippe raubend und mordend durch den Schwarzwald und die Schweiz gezogen ist und schließlich von der Obrigkeit zur Strecke gebracht wurde.
Der Schreiber Wilhelm Grau muss das alles aufschreiben und – noch schlimmer – auch mit ansehen. Dabei beschleicht ihn immer mehr das Gefühl, dass dieses „Monster“, dem der ganze Hass der Bürger und vor allem seines Oberamtmanns gilt, auch nur ein armer Teufel ist, dem das Leben übel mitgespielt hat. Vor allem zu Hannikels jüngstem Sohn entwickelt der Schreiber, der seine Familie bei einer Epidemie verloren hat, eine ihm unerklärliche Zuneigung. Hartmann entwirft ein lebenssattes Bild der Zeit zwischen der trostlosen Schreibstube Graus und der Schönheit seiner Insektensammlung, zwischen elenden Zigeunerlagern, armseligen Waisenhäusern und dem prunkvollen Hof von Herzog Karl Eugen. Wie er seiner Jagdgesellschaft das verängstige Wild vor die Gewehre treiben lässt, erinnert nicht zufällig an die Jagd auf Hannikel und seine Sippe. Und nicht nur der stellt sich angesichts all der Verschwendung die Frage, wer von beiden der größere Räuber ist: Der Herzog oder der Räuberhauptmann.
Info: Lukas Hartmann, Räuberleben, Diogenes, 345 S., 22,90 Euro
Februar 28, 2012
Ich habe das Buch sofort, als es in der Buchhandlung meines Vertrauens lag gekauft. Ich war ein wenig überrascht, denn ich konnte es kaum weglegen, das Buch ist unheimlich fesselnd geschrieben, eine absolute Empfehlung!