Tatsächlich sind Seth und Rebecca auf dem Boden geblieben – oder auf dem
Wasser. Fortbewegt haben sie sich mit einem Frachtschiff, mit der
Bahn, mit Bussen, mit dem Auto, mit dem Fahrrad und am Ende auch noch
mit einem Kreuzfahrtschiff, das Seth einen ähnlichen Horror bescherte
wie sonst nur das Fliegen: „Eine Kreuzfahrt ist keine Möglichkeit, sich
fortzubewegen. Es ist eine Möglichkeit, die Zeit totzuschlagen.“ Und
genau das wollten die beiden ja vermeiden. Letztendlich sind sie ihrem
Anspruch auch gerecht geworden, sie haben gezeigt, dass es möglich ist,
ohne Flugzeug die Welt zu bereisen. Allerdings haben sie dafür auch
Opfer gebracht und die Welt oft nur vom Containerhafen oder vom Bahnhof
aus gesehen. Als Erinnerung an Europa blieben ihnen beispielsweise nur
kurze Eindrücke von Rostock, Helsinki oder Tallinn. Und bei den
Begegnungen mit den Menschen oder auch den Landschaften vor Ort hat Seth
Stevenson tief in die Klischee-Kiste gegriffen: Russen sind gehässig
und aggressiv, Japaner effektiv und höflich. Australien ist ein
menschenfeindlicher Kontinent und Kambodscha ein Land für Pädophile und
Drogenkonsumenten. Dass er dabei das Wort „Chilling Fields“ prägt, ist
eine echte Entgleisung.
Trotz solcher Mängel ist das Buch lesenswert, zeigt es doch, wie weit
wir vom echten Reisen abgekommen sind. Für die Schnelligkeit der
„Teleportation“ opfern wir nicht nur viele Erlebnisse, wir nehmen auch
in Kauf, dass unsere Seele „nie ganz ihr Zuhause verlässt“. Stevensons
Weltumrundung mag für die meisten Touristen keine ernsthafte Alternative
sein, eine Anregung zur Entschleunigung ist das Buch in jedem
Fall.
Info: Seth Stevenson, Down to earth – Ohne Flugzeug um die Welt“, Malik, 302 S., 20,60 Euro, ISBN 978-3-89029-396-7
14Jul. 2011
Auf dem Boden geblieben: Seth Stevensons „Down to earth“
Der Normaltourist kann sich einen Urlaub ohne Flugzeug kaum mehr vorstellen. Mal kurz nach Mallorca jetten, nach Paris oder Rom, das ist schon (fast) Reisealltag. Nicht so für Seth Stevenson. Der Journalist und Autor hasst Fliegen, für ihn eine „triste, seelenlose Art, den Planeten zu bereisen“ und er wollte mit seiner Freundin zeigen, dass es auch ohne Flugzeug geht. Am besten bei einer Weltumrundung. Aus diesem Abenteuer, das Stevenson ausdrücklich zum Nachmachen empfiehlt, ist ein Buch entstanden „Down to earth – ohne Flugzeug um die Welt“.