Düstere Spuren: Louise Welshs „Das Alphabet der Knochen“

Der Poet war ein liederlicher Kerl und hat grade mal einen dünnen Lyrikband veröffentlicht, aber der ist grandios. Und deshalb ist der Literaturwissenschaftler Murray Watson glücklich, dass er über einen Lehrauftrag viel Zeit mit seinem früh verstorbenen Idol verbringen kann.

Doch die Arbeit an der Biographie von Archie Lunan zieht den Forscher
tief hinein in einen Sumpf aus Liebe, Sex, Lügen und Tod. Nichts ist wie
es scheint. Murray kommen nicht nur seine akademischen Sicherheiten
abhanden, ihm vergeht zwischendurch auch die Lust am Leben. Denn Archies
verkifftes Dasein konfrontiert den Biographen mit dem eigenen Versagen.
Louise Welsh, 2004 für ihr Debüt mit dem Corine-Preis ausgezeichnet, ist
eine versierte Erzählerin. Immer tiefer zieht sie die Leser in den Sog
einer schmutzigen, düsteren Geschichte, die sich hinter sauberen
Dorffassaden verbirgt. Die sich zunehmend verdüsternde Außenwelt
spiegelt Murrays wachsende Verzweiflung. Am Ende entladen sich die
aufgestauten Ängste in einem filmreifen Showdown. Warnung: „Das Alphabet
der Knochen“muss auch der Leser erst mal buchstabieren lernen. Dies ist
deshalb kein Krimi, den man schnell mal wieder aus der Hand legt. li
Info: Louise Welsh, Das Alphabet der Knochen, Kunstmann, 430 S., 22 Euro

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