Allein gegen ein Dorf: Radka Denemarkovas „Ein herrlicher Flecken Erde“

„Ich ramme mir die Faust in en Mund. Damit ich nicht schreien muss. Ich habe mein Leben vergeudet. Schnell Halt in gewohnten Handgriffen suchen, bevor die Erde unter mir wegruscht.“
Radka Denemarkova mutet ihren Lesern einiges zu in dem Roman mit dem eher irreführenden Titel „Ein herrlicher Flecken Erde“. Herrlich, das war ihre Heimat für Gita Lauschmannova vor der Vertreibung und bevor ihre Eltern im Konzentrationslager umkamen.

Diese alte Herrlichkeit sucht das junge Mädchen, das den Holocaust
überlebt hat, bei seiner Heimkehr. Es ist eine Rückkehr in die Fremde,
in eine feindselige Welt. Die ehemaligen Nachbarn, Tschechen, die sich
in der Villa der Eltern ins gemachte Nest gesetzt haben, wollen von der
Heimkehrerin nichts wissen und vertreiben sie ein zweites Mal. Doch
Gita kehrt zurück, Jahre später zwar und alt geworden, aber fest
entschlossen, sich ihr Recht zu vers schaffen, Entschädigung für das
ihr angetane Unrecht der Vertreibung. Schwer wiegt die Erinnerung, der
sie sich stellt; das längst verdränge Grauen kehrt mit Macht zurück:
Die verstörte junge Frau, der Missbrauch, ein Kindermord. Da ist sie
Opfer, wie ihre Familie Opfer war. Doch wie sicher ist die Erinnerung?
Wie trügerisch sind die Bilder einer unbeschwerten Kindheit? Wer war
gut, wer böse und wer war wirklich unschuldig in dieser höllischen Zeit?
Radka Denemarkova hat ein wichtiges Buch geschrieben über das Labyrinth
der Erinnerung und seine Irrwege. Ihr beklemmender Roman über
Verfolgung und Vertreibung thematisiert ein Stück Geschichte, das für
viele Menschen zum Trauma wurde. Dabei findet sie für ihre Heldin eine
kraftvolle, fast obszöne Sprache, die die Dinge beim Wort nennt und die
Leser bis an die Schmerzgrenze berührt.
Info: Radka Denemarkova, Ein herrlicher Flecken Erde, DVA, 294 S., 19,95 Euro 

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