Auch die Tourismusbranche ist von der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht verschont geblieben. Die großen Veranstalter wollen mit Preissenkungen und flexiblen Angeboten die Reiseweltmeister bei der Stange halten.
Die Rückschläge durch die Krise will niemand mehr leugnen. Sie sind
schlimmer als die Folgen des 11. September 2001, und weitaus
dramatischer als die des Tsunami 2004. Die wirtschaftliche Unsicherheit
drückt auch auf die Reiselust. Zweistellige Buchungsrückgänge machten
der lange erfolgsverwöhnten Branche noch im September zu schaffen.
Inzwischen liegt das durchschnittliche Minus bei drei Prozent –
verglichen mit dem Vorjahres-Winter, der schon von der Krise gezeichnet
war. Die Gewinn-Aussichten sind denn auch eher trübe. Die deutschen
Reiseveranstalter, so unkte die FAZ, könnten bis Jahresende ein
Umsatzvolumen von mindestens 800 Millionen Euro verlieren.
Allen Voraussagen zum Trotz sieht sich die Münchner FTI im
Aufwärtstrend. Für das touristische Geschäftsjahr (1. November 08 bis
31. Oktober 09)verkündete Geschäftsführer Dietmar Gunz für den
Gesamtkonzern FTI Group einen Umsatz von 1,093 Milliarden Euro, elf
Prozent mehr als im Vorjahr. Dr. Volker Böttcher, Chef von TUI
Deutschland, spricht davon, dass man die „Ergebnisziele“ voll erreicht
hätte. Ähnlich äußert sich auch Dr. Peter Fankhauser,
Vorstandsvorsitzender der Thomas Cook AG. Beide haben durch
Einsparungen und Verknappung der Flugkapazitäten hohe Millionengewinne
erzielt. Verhalten optimistisch wollen die Veranstalter „erste
Indikatoren für einen leichten Aufschwung trotz angespannter
Rahmenbedingungen“ (Böttcher) beobachtet haben.
Eines ist sonnenklar: Der Sommerurlaub wird günstiger. Selbst
Studienreise-Spezialist Studiosus kommt um Preissenkungen nicht herum.
Durchschnittlich vier Prozent weniger kosten die Studienreisen im
nächsten Jahr. Noch preiswerter wird es bei den Pauschalveranstaltern:
Sowohl Thomas Cook Reisen als auch die TUI versprechen Preissenkungen
von durchschnittlich fünf Prozent, die Rewe-Pauschalveranstalter gehen
mit ihren Preisen um sechs Prozent herunter, FTI spricht von minus
sieben Prozent und Alltours legt nochmal ein halbes Prozent drauf.
Großzügige Frühbucher-Rabatte sollen die Reiselust beflügeln. Und
natürlich sollen die Preissenkungen nicht auf Kosten der Gewinnspanne
gehen. „Marge vor Menge“ postuliert Böttcher. Die günstigen Preise für
den Sommer 2010, so die Manager in seltener Einmütigkeit, finanzierten
sich aus den verbesserten Einkaufskonditionen.
Der Wettbewerb um den Reiseweltmeister wird hart. TUI Deutschland will
wieder wachsen und schaltet, so Böttcher, „einen Gang nach oben“. Die
Flugkapazitäten werden wieder erhöht, flexibel abrufbare Flugplätze
aufgestockt. „Diese enorme Flexibilität können wir uns künftig leisten,
nachdem wir durch die Übernahme des TUIfly City-Geschäfts durch Air
Berlin von einer Übergröße in einen Maßanzug geschlüpft sind“, sagte
Böttcher. Auch der Flugreisedirektor von Thomas Cook, Michael Tenzer,
gibt Gas und weitet die Kapazitäten aus. Neben den Großen wie dem
Konzerncarrier Condor oder Air Berlin sollen auch kleine deutsche
Airlines wie Germania oder Hamburg International ins Geschäft kommen.
Ähnlich agiert Alltours-Chef Willi Verhuven, der 29 Flugpartner unter
seine Fittiche nimmt.
Punkten wollen die Veranstalter durch differenzierte Programme: Bei der
TUI geht es um mehr Exklusivität vor allem bei den Hotels, neue
Entdeckungsreisen ermöglichen auch einen Blick hinter die Kulissen des
Veranstalters und im Wellness-Katalog Vitalissimo kann man auch
Schönheitsurlaub mit „minimalinvasiven Eingriffen“ buchen. Thomas Cook
setzt weiter auf den Erfolg des Dynamic Packaging und die
Komfort-Sorglos-Pakete, die erstmals für die Winterkataloge eingeführt
wurden. FTI, bisher eher als Günstigveranstalter erfolgreich, wagt sich
mit zwei Katalogen auf den Luxus-Markt und will damit Airtours und
Dertour Deluxe Konkurrenz machen. Mit einer neuen Technologie zeigen
sich die Münchner zudem fit für die web 2.0-Generation: Über einen
Quick-Response-Code lassen sich tagesaktuelle Hotelpreise mit einem
internetfähigen Handy abrufen.
Wie immer gibt es unter den Urlaubsländern Sieger und Verlieren.
Punkten konnten Ziele, die ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
vorzuweisen haben, etwa die Türkei und Ägypten. Auf der Fernstrecke
profitierten die USA vom günstigen Dollarkurs und dem „Obama-Effekt“.
Dagegen leidet Mexiko immer noch unter den Folgen der Schweinegrippe.
Bei den großen Veranstaltern steht Deutschland weiterhin als Reiseziel
hoch im Kurs. FTI hat erstmals auch Bayern im Programm – im Katalog für
erdgebundene Reisen.