Zwischenzeiten: Benedict Wells‘ „Spinner“

„Manchmal muss man ein kleines bisschen sterben, um wieder ein wenig mehr zu leben.“
Der das sagt, ist gerade mal 20 und hat ein versautes Jahr hinter sich. Jesper Lier ist der „Spinner“ in Benedict Wells‘ gleichnamigem Buch. Der junge Autor, Jahrgang 1984, hatte sich mit seinem Erstling „Becks letzter Sommer“ in die Literaturseiten der Medien geschrieben. „Spinner“ ist der Vorgänger, der erste Versuch eines 19-Jährigen und ein wunderbares Buch über die Angst vor dem Erwachsenwerden.

Jesper ist ein Underdog, lebt von der Hand in den Mut und den Lügen,
die er sich selbst und der fernen Mutter in München auftischt. Von der
Uni, an der er angeblich studiert, hat er grade mal den Eingang
gesehen. Das Buch, an dem er sich als Schriftsteller versucht, ist ein
unlesbarer Wälzer. Seine Ratlosigkeit teilt der Möchtegern-Autor mit
zwei engen Freunden, die mit ihm durch den Moloch Berlin taumeln.
Jespers Leben zwischen Saufen, Schlafen und wieder Saufen verläuft nah
am Abgrund und ist doch eine Art Selbstfindungsprozess mit 
Wiedererkennungswert. Benedict Wells findet starke Worte für die viel
diskutierte Orientierungslosigkeit seiner Generation, für die
Sinnsuche, die allzu oft in der Sackgasse endet. Und trotz Jespers
Selbsthass, Verzweiflung und ständigem Lamentieren ist das Buch
teilweise zum Brüllen komisch. Ein Berlin-Roman mit Herz und Schnauze.
Info: Benedict Wells, Spinner, Diogenes, 307 S., 19,90 Euro

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