Schöner hätte sich Augsburg gar nicht präsentierten können wie an diesem Samstag, als die Münchner Touristische Runde in die Fuggerstadt kam, um in Begleitung von Regio-Chef Götz Beck auf den Spuren der Fugger durch die Stadt zu spazieren. Das Wetter war sonnig, aber nicht zu heiß, die Stadt noch in Ferienlaune.
Am Brunnen vor dem Bahnhof hatte sich pünktlich ein erwartungsvolles
Grüppchen – darunter zwei Kinder – versammelt, das Beck zügig zum
Anna-Hof führte, wo er über Luther in Augsburg erzählte, Elias Holl und
die Augsburger Renaissance und die – leider verschlossene – Grablege
der Fugger in der Annakirche. Über den blumenbunten Stadtmarkt, wo so
manche am liebsten gleich eingekauft hätte, ging es weiter zur neuen,
modernen Stadtbücherei, der zur Krönung nur die Terrasse fehle, wie der
Regio-Chef bemängelte. Auch die vier Mülleimer, die den
Augustus-Brunnen umzingeln, machen dem Mann keine Freude, der Augsburgs
Tourismus ankurbeln soll. „Das nächste Mal sind die Eimer weg“,
versprach er. „Da haben Sie mein persönliches Ehrenwort.“ Die Besucher
staunten lieber über die Renaissance-Fassade des Rathauses und hörten
verwundert, dass man vom Perlachturm aus bis in die Alpen sehen könnte.
Doch zur Turmbesteigung fehlte die Zeit. Das nächste Ziel hieß
Mozarthaus und zuvor mussten noch der Dom fotografiert werden, wo
Augsburgs schlagzeilenverdächtiger Bischof Mixa seine Messen zelebriert
und das winzige Restaurant August, wo Augsburgs frisch gebackener
Zwei-Sternekoch Christian Grünwald seine Gäste verwöhnt. Im lauschigen
Garten des Mozarthauses gab’s dann eine kurze Erholungspause samt
Augsburger Wasser. Bei den Anekdoten über den Wunderknaben mit
Augsburger Wurzeln war Götz Beck in seinem Element. Dass er das in
Salzburg geborene Wolferl für Augsburg reklamierte, wollten ihm die
Münchner Zuhörer erst nicht durchgehen lassen. Doch Becks findige
Argumentation, wonach der begabte Sohn des Augsburgers Leopold Mozart
nach damaligem Bürgerrecht eigentlich Augsburger sei und – weil
Salzburg damals nicht in Österreich lag – zumindest Bayer, überzeugte.
Immerhin ist verbürgt, dass der frühreife Knabe in Augsburg zumindest
das erste Mal geküsst hat… Einen reiferen Wolfgang Amadeus Mozart präsentierte Ruta Hermann mit einem Menuett, das sie auf dem Hammerflügel spielte, auf
dem Mozart angeblich selbst in die Tasten gegriffen hat.
Auch im Mozarthaus hätte so mancher noch ein Weilchen verweilen wollen,
doch Götz Beck strebte schon dem nächsten Ziel zu, dem Wieselhaus,
einem etwas heruntergekommenen Renaissancebau im Äußeren
Pfaffengässchen, in dem Augsburgs neues Museum entstehen soll, eine Art
Erlebniswelt, die vom Aufstieg der Fugger und Welser erzählen wird. Noch ist von der Umgestaltung nichts zu sehen und der Garten, den
Beck den Gästen so gerne gezeigt hatte, blieb trotz aller Bemühungen
verschlossen. So sehr der Regio-Chef sich auch mit seinem Schlüssel
abmühte, das Tor wollte sich nicht öffnen. Auch nicht, nachdem er in
Schröder-Manier dagegen geschlagen und „Ich will da rein“ gerufen
hatte. So mussten sich die Besucher mit Becks Ausführungen begnügen und
sich in ihrer Fantasie vorstellen, wie das schmutzig gelbe Haus wohl
aussehen könnte, wenn die Arkaden freigelegt sind. „Endlich werden wir
die Augsburger Handelshäuer auf europäischem Niveau präsentieren
können“, gab Götz Beck das ehrgeizige Ziel vor.
Davon, wie wichtig die Fugger für die Geschichte sind, konnte sich die
Runde in der Fuggerei überzeugen, wo Martin Kluger sie in Empfang nahm.
Franziska und Ferdinand, die beiden Jüngsten der Runde, schwärmten in
die aufofreien Gässchen aus, während Fachmann Kluger mit dem Brunnen um
die Wette sprudelte. Geschichte und Geschichten gab’s zu hören. Dass
jährlich 800 000 Euro aus Stiftungsbesitz in die Sanierung der
„ältesten bestehenden Sozialsiedlung der Welt“ fließen, dass die
Bewohner 88 Cent Jahresmiete zahlen und normale Nebenkosten und dass
seit Hartz IV die Warteliste immer länger werde, erfuhren die
verblüfften Besucher ebenso wie dass im Augsburger Syphilis-Haus auch
Kaiser Maximilian und der Salzburger Kardinal behandelt wurden oder
dass in Augsburg schon 1559 die erste Tulpe Europas blühte. Fürs
Fuggerei-Museum, den Bunker und die Schauwohnung blieb da nur wenig
Zeit, zumal Jakob Fugger der Reiche höchstpersönlich die Gäste
erwartete. Schauspieler Heinz Schulan gab den stolzen Patrizier („Ich
brachte die Renaissance nach Augsburg“) und begründete seine Stiftung:
„Ich bin ein gottesfürchtiger Mann, habe das absolut Böse nie getan
aber auch nicht bedingungslos das Gute.“ Immerhin müssen die
Fuggereibewohner bis heute für das Seelenheil des Stifters beten. Dass
Moral auch zu Fuggers Zeiten eine Frage der Interpretation war,
erfuhren die Zuhörer ganz nebenbei. Hat doch Jakob Fugger Kaiser
Maximilian im Krieg gegen Venedig alimentiert und gleichzeitig den
Venezianern die nötigen Waffen verkauft. Auch die doppelte Buchführung
war seine Erfindung.
Da gab’s also einiges zu verdauen. Aber nicht nur deshalb dauerte das
Mittagessen im Biergarten der Fuggerei länger als vorgesehen. Unter den
roten Sonnenschirmen saß es sich einfach zu gemütlich. So bedurfte es
einiger Überzeugungsarbeit, bis die Letzten zum nächsten Programmpunkt
aufbrachen. Die Ulrichskirchen hatte Götz Beck aus Zeitmangel schon
gestrichen. Doch die „Irdischen Paradiese“ und das Schaezler-Palais
wollte er den Gästen aus München nicht vorenthalten. Die waren auch
überwältigt von der Pracht des Rokokosaals und der Qualität der
Ausstellung. „Einfach großartig“, schwärmte eine Teilnehmerin. „Für so
ein geballtes Programm brauchen andere Tage!“. Dafür war Götz Beck mit
seiner Gruppe auch im Schnelldurchgang unterwegs. Vom Schaezler-Palais
ging’s geradewegs in die Fuggerhäuser, wo der Regio-Chef noch auf die
Tableaux Vivants und ein mögliches zweites Fuggermuseum hinwies, und
weiter zu Kaffee und Kuchen im Damenhof. Hier endlich konnte Beck, auf
den noch ein zweiter Termin wartete, die Münchner Truppe dem Gastgeber
Thomas Rossmeisl übergeben, einem „Partner, mit dem wir uns gegenseitig
die Bälle zuspielen“. Wie sehr Creative Catering den wunderbaren
Innenhof belebt, davon ließen sich die Rundenmitglieder zum Abschluss
ihres Ausflugs nach Augsburg gerne überzeugen. Das Fazit am Ende des
Tages war einhellig: „So schön haben wir uns Augsburg nicht
vorgestellt. Wir kommen wieder.“
Was will man aus Augsburger mehr…