Tödliche Spiele: Monika Fagerholms „Das amerikanische Mädchen“

Eine Jugendgeschichte könnte es sein, ein Krimi, ein Thriller. „Das amerikanische Mädchen“ von Monika Fagerholm ist alles und alles ganz anders. Das macht die Sprache, die einen geradezu unheimlichen Sog entwickelt. „Wie eine Hochspannungsleitung, an der man hängen bleibt“ heißt es auf dem Buchumschlag – und das stimmt. Die Zeit- und Gedankensprünge tun ein übriges, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Dass am Ende vieles harmloser war als es sich der überhitzten Fantasie zweier heranwachsender Mädchen dargestellt hat, zeigt nur, wie dünn die Trennwand ist zwischen Vorstellungswelt und Realität.
  

 

Sandra und Doris haben sich gefunden. Zwei Mädchen, zwei Außenseiterinnen. Sandra, die verwöhnte Tochter eines kauzigen Frauenhelden und einer schönen Mutter, deren Verschwinden Rätsel hinterlässt, war lange Zeit durch eine Hasenscharte gebrandmarkt. Und Doris, Tochter eines brutalen Schlägers und einer Alkoholikerin, hat sich selbst ihre neue Familie gesucht. Beide fasziniert das ungeklärte Schicksal von Eddie de Wire, dem amerikanischen Mädchen. Sie kam in diese Ferienlandschaft, verwirrte die jungen Männer und verschwand, als wäre sie nie da gewesen. Ist sie die Wasserleiche, auf die Doris im Sumpf  stößt? Was hat der junge Bengt mit ihrem Verschwinden zu tun? Oder  Björn, der sich erhängte, nachdem Eddie verschwunden war? Sandra und Doris lassen in ihren Spielen die Toten auferstehen, lassen spielend den Alltag hinter sich und spielen mit dem Abgründigen. So lange, bis aus dem Spiel Ernst wird. Bis beide Fantasie und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden können.
Monika Fagerholm hat einen großen Roman geschrieben, der es mit den klassischen Entwicklungsromanen aufnehmen kann. Seltsam ist er, poetisch und voller Musik.
Monika Fagerholm: Das amerikanische Mädchen , Fahrenheit, 540 S., 22,90 Euro

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