Prognosen, dass China bis 2020 der größte Automarkt der Welt sein wird, hört Hans Kröppelt gerne. Noch lieber spricht der 50-jährige Münchner von den Erfolgen der BMW-Niederlassung in China seit der Unterzeichnung des Joint Venture Vertrages mit dem damals noch jungen chinesischen Autobauer Brilliance vor fünf Jahren. In dem boomenden chinesischen Markt mit 4,7 Millionen Gesamtzulassungen 2007 (1997 waren es noch 589 000) spielt BMW zwar noch eine kleine, aber immer wichtigere Rolle. 30 000 in Shenyang produzierte Automobile wurden 2007 verkauft. Mit den importierten Fahrzeugen stieg die Zahl auf 51 588, ein Absatzplus von traumhaften 42 Prozent.
Den sprunghaft wachsenden Bedarf will Kröppelt mit einer Produktionssteigerung in Shenyang erfüllen: 41 000 Automobile der Dreierserie und der Fünferserie in der chinesischen Langversion sollen in diesem Jahr vom Band laufen. Proportional wächst die Zahl der BMW-Händler, die sich vornehmlich an der Ostküste konzentrieren mit Ausnahme eines Autohauses in Urumqi. 90 waren es 2007, 20 mehr als noch 2006. 120 sollen es schon Ende 2008 sein.
BMW steht in großen Lettern auf dem Werk und davor aufgereiht kann man sie in Serie bewundern: Silberne, schwarze und rote BMW’s der Dreierserie und die Fünfer in der beliebten chinesischen Langversion mit viel Platz für die geschätzten Gäste im Heck, die sich auch mit dem eigenen Bordprogramm vergnügen können. 3250 Mitarbeiter beschäftigt die chinesische Zweigstelle von BMW, darunter 28 aus Deutschland, meist in Führungspositionen. Dr. Gerald Degen, Leiter der Montage, ist einer davon. Der 38-Jährige ist überzeugt von der Fähigkeit der chinesischen Facharbeiter, die auch „hochkomplizierte Technologie“ bedienen könnten. „Die Chinesen lernen umheimlich schnell“, hat Degen erkannt. „Sie nehmen alles bildlich auf und sind in einer Woche auf dem Stand.“ Gearbeitet wird in zwei Schichten a zehn Stunden mit einer Stunde Mittagspause. 8,3 Minuten ist die Taktzeit im chinesischen Werk (in Deutschland 60 bis 70 Sekunden).
Dafür sind die Arbeitskräfte in China immer noch billiger, so dass sich bei vielen Arbeitsgängen der Einsatz teurer Roboter nicht einmal lohnt. Dennoch sind bei der Dreierlinie teilweise schon mehr Roboter als Menschen im Einsatz. Beim Fünfer sieht das anders aus, hier wird fast alles von Hand gefertigt. Der Vorderbau kommt allerdings aus Dingolfing und ist per Schiff drei bis vier Wochen unterwegs. „Das Ding braucht einen Roboter,“ begründet Niederlassungsleiter Hans Kröppelt die lange Reise, lässt aber durchblicken, dass man den Ehrgeiz habe, auch dieses wichtige Teilstück bald in Shenyang zu bauen.
Der gemütlich und salopp wirkende Bayer ist von der Effizienz der blitzblanken Produktionsstätte mit den hellen Hallen und emsigen Arbeitern überzeugt: „Wir haben denselben Standard wie ein deutsches Werk“, sagt er selbstbewusst und dass man stolz sei auf das „green label“ für geringe Emissionen. BMW habe „als Premium-Marke“ ein gutes Image in und um Shenyang. Da ließen sich auch leicht Arbeitskräfte finden. Zudem strahle der Erfolg des Autobauers auf die ganze Region aus. Auch die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Partner Brilliance sei ohne größere Komplikationen, lobt Kröppelt. „Die schauen übern Zaun und an manchen Stellen unterstützen wir das auch“, räumt er ein.
Weil der chinesische Markt im Premiumsegement überproportional wächst, ist Kröppelt ganz auf Produktionssteigerung eingestellt. „Wir müssen uns auf unsere Marktanforderungen vorbereiten“, ist seine Devise. Wo und wie die Kapazitäten im Land weiter erhöht werden können, sei noch nicht entschieden. Geschaffen werden könnten sie durch ein neues Werk oder auch durch eine Erweiterung in Shenyang. Bis 2010 ist für Kröppelt die Abdeckung der chinesischen BMW-Nachfrage erst einmal gesichert – auch durch teure Importe aus Deutschland. Die Sogwirkung der lokalen Produktion auf die ganze Palette sei nicht zu unterschätzen, betont er und fügt wie zur Beruhigung hinzu: „China schafft Arbeitsplätze in Deutschland statt sie zu vernichten.“