Leo Hickmans „Und Tschüs“: Tourismus am Pranger

Und tschüss!: Was wir anrichten, wenn
(Buch)
Autor: Leo Hickman
Verlag: Pendo Verlag
Erschienen am: 2008-02-22
Seiten: 400
ISBN: 3866121628

„Und tschüs“ klingt noch ganz harmlos. Erst der Untertitel „Was wir anrichten, wenn’s uns in die Ferne  zieht“ macht klar, worum des dem   britischen Journalisten Leo Hickman geht, der mit dem Buch über seinen Selbstversuch „Fast nackt- Mein abenteuerlicher Versuch, ethisch korrekt zu leben“ 2006 weltweit Aufsehen erregt hat. Diesmal hat Hickman den Versuch gestartet, ökologisch korrekt zu reisen – und natürlich ist er dabei gescheitert.

Denn dass weder der Langstreckenflug noch das Kreuzfahrtschiff mit einem ökologisch korrekten Lebensstil vereinbar sind, wissen wir längst. Allerdings ist Hickman noch ein Stück weiter gegangen, er hat hinter die Glitzerfassaden der Urlaubsresorts und Luxusreiseziele geblickt, hat mit Kellnern und Zimmermädchen ebenso gesprochen wie mit Tourismusmanagern und Umweltschützern.
Vieles, was er dabei erfahren hat, ist so neu nicht. Aber in dieser kompakten Zusammenballung sind seine Recherchen und Einsichten geeignet, dem Leser so manchen Urlaubswunsch zu vermiesen. Selbst Ökotourismus, gern zur Gewissensberuhigung ins Feld geführt, wird demnach zur Plage, sofern er massenhaft stattfindet. Hickman lässt kein gutes Haar an den „Egotouristen“, die für sich selbst unberührte Natur einfordern und die Menschen vor Ort ihrer Existenzgrundlage berauben. Er rechnet vor, dass Golfplätze in Spanien soviel Wasser verschlingen wie ein Reisfeld, dass für die künstliche Beschneiung in der gesamten Alpenkette genauso viel Wasser verpulvert wird wie 1,5 Millionen Menschen im Jahr verbrauchen, dass auf einem Kreuzfahrtschiff für jeden Gast täglich 240 Liter Wasser durchs Abwasserrohr fließen und dass 2015 auf planmäßigen Flügen 2,5 Milliarden Passagiere unterwegs sein werden. Er prangert den All-inclusive-Tourismus an, der kaum Geld im Urlaubsland lässt und die Disneyisierung des Reisens, die zu einem touristischen Einheitsbrei führt. Und doch räumt auch Hickman ein, dass Reisen ein Grundbedürfnis der Menschen ist. Ein Recht, das allerdings auch mit der Pflicht zur Rücksichtnahme verbunden ist. Rücksicht auf die Natur und auf die Menschen. Hickmans Rezept für Reisen mit gutem Gewissen könnte vom Forum anders reisen abgeschrieben sein: slow travel. Der Brite schlägt einen Dreijahresplan vor: im ersten Jahr eine Flugfernreise, im zweiten Jahr eine Bahnreise im Radius von 1000 Kilometern und im dritten Jahr eine Reise in die Nähe. Erst wenn Fernreisen nicht mehr selbstverständlich sind, gewinnen sie an Wert, meint Hickman. Eine These, die   Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften zu denken geben dürfte…    

Info: Leo Hickman, Und tschüs- Was wir anrichten, wenn’s uns in die Ferne zieht, Pendo, 440 Seiten, 19,90 Euro     

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