Sibylle Lewitscharoff stellt ihren neuen Roman am 2. März im Literaturhaus in Stuttgart, Breitscheidstr. 4, vor. Eintritt zwischen 3,50 und 7 €
Die Autorin ist hoch gelobt und ihr Buch ist höchst ambitioniert. Da sitzt ein Mann im Café, trinkt Wodka und redet mit sich selbst und den Toten. Seit seine Geliebte, eine ausgeflippte Undergroundsängerin, tot ist, verzehrt er sich in Liebe zu ihr. Nicht genug damit, er folgte er im Delirium ins Totenreich wie einst Orpheus seiner Eurydike. Doch die Toten schickten ihn zurück. Seine Zeit war noch nicht reif.
Seither rätselt er, was er in der Unterwelt erlebt hat. Seither sind die Toten seine ständigen Gefährten, unter ihnen Andy Warhol, Jim Morrison, Edie Sedgwick, natürlich die geliebte Joey, die Eltern und längst vergessene Freunde aber auch Tiere.
Der Mann trinkt Kaffee, er trinkt Wodka, ärgert sich über die Bedienung und lässt Stationen seines Lebens an sich vorüber ziehen: die Kindheit, der Tod der Eltern, die Zeit mit Joey und das Ende. Diesem inneren Monolog eines in sich zerrissenen Einzelgängers und seiner philosophisch verbrämten Weltsicht stellt Lewitscharoff die (meist) zynischen Kommentare aus dem Totenreich gegenüber. Die Toten sind mit ihm und sie machen sich über ihn lustig, treiben ihre Spiele mit ihm. Nur die Eltern sind ihrem Sohn in uneingeschränkter Liebe verbunden.
Am Ende macht sich der Mann auf in ein anderes Café, wo ein Gesprächspartner auf ihn wartet, der von dieser Welt ist. Er gerät in ein Schneegestöber und in den Flocken spürt er die Nähe der Toten wie einen Hauch: „Joey kümmert sich nicht um seine Reden… Großzügig wie eh und je läßt sie Küsse über sein Gesicht rieseln; auf Stirn, Wangen, Nase, Mund. Flocke um Flocke ein überaus irdischer Kuß nach dem anderen.”
Es bleibt viel rätselhaft in diesem Roman, auch wenn der aufmerksame Leser dem Geheimnis des Mannes auf die Spur kommt. Lewitscharoff, Preisträgerin des Ingeborg-Bachmann-Preises 1998, schreibt mit Anmut und Einfallsreichtum. Aber der Leser muss die Fragmente zusammentragen und wie Mosaiksteine zu einem Ganzen formen. Dazu bedarf es einiger Konzentration. Nichts für lange Abende also.
Sibylle Lewitscharoff, Consummatus, DVA, 237 S., 18,90 ¤