Am goldenen Fluss: Der Mekong- die Mutter aller Wasser

Mekong

Es sieht aus, als hätte der Himmel Sternenstaub auf den Fluss gestreut. Die braunen Fluten schimmern golden, als würde der Name „Goldenes Dreieck“ von diesem Phänomen herrühren und nicht vom schmutzigen Handel mit Drogen. Der Mekong gilt in Südostasien als die „Mutter aller Wasser“. Ein Fluss mit Geschichte. Sie handelt von Gewalt, sie riecht nach Opium und Profitgier. Wir sind unterwegs auf diesem Fluss – von Chinas Südprovinz Yunnan über Nordthailand bis nach Luang Prabang in Laos. Der Mekong ist unser Wegweiser. Jinghong (China): Herr Hu lächelt und Frau Cheng plappert. Unsere Guides wollen uns die Schönheiten der autonomen Provinz Xishuanbanna zeigen – auf Deutsch und Englisch. Herr Hu („Sagen Sie einfach Rudi zu mir“) hat in Peking Deutsch studiert und garniert seinen Wortschatz mit vielen Ja’s. Frau Cheng („Mein Lehrer nannte mich Diana“) wollte eigentlich Englischlehrerin werden, hat aber dann ihr Faible für Touristen-Führungen entdeckt. Die Provinz im Süden Yunnans ist noch ein Geheimtipp für Ausländer. Die Chinesen sind schon da in diesem tropischen Paradies der Volksrepublik, das seiner vielen Minderheiten wegen auch als Genpool gilt. Zu den zwölf ursprünglichen Minderheiten gesellen sich mittlerweile die Han-Chinesen, die tatkräftig am Aufbau des Fortschritts arbeiten: Schulen, Straßen, Hospitäler bis in entlege Bergdörfer. Die neue Autobahn von Bangkok nach Kunming, die Hauptstadt von Yunnan, schlägt Schneisen in die hier noch ursprüngliche Natur. Auch unsere beiden Führer sind Han. Doch die Mehrheit unter der für China lächerlichen eine Million Einwohner von Xishuanbanna stellen die Dai, die in ihren Dörfern trotz allen Fortschritts noch an ihren alten
Traditionen festhalten.
Xishuanbannas Hauptstadt Jinghong, mit 80 000 Einwohnern eine Kleinstadt im Reich der Mitte, hat sich für die Touristen herausgeputzt: „Lasst uns danach streben, Jinghong zur Hauptstadt des Öko-Tourismus zu machen,“ fordert ein Banner. Doch vor allem ist Jinghong eine Art Shoppingcenter: Ein Jadeladen, ein Teeladen, ein Jadeladen, ein Teeladen, ein Jadeladen. Aber dann: ein Tempel als Disco, Jeans- und Schuhläden, ein Friseur mit Englisch-Kenntnissen, ein Puma-Shop, Anzüge, Kleider, Schuhe, ein Juwelier. In der Seitenstraße drei Betten, auf denen massiert wird, ein Schuhputzer, bettelnde Dai-Kinder, ein Konsumtempel, ein Handyladen. Überall Massen von Chinesen – im Kaufrausch. Nur in der Straße vor den Jade- und Teeläden herrscht gähnende Leere, ein paar Verkäufer spielen Karten, andere machen ein Nickerchen. Kaum jemand spricht englisch, auch nicht in den Läden. Kreditkarten kennt man hier nicht und selbst das Wort Dollar ist den meisten unbekannt.
Xishuanbanna ist ein chinesisches Ferienparadies. Und die Chinesen lieben es laut. Im Regenwald, über dessen Wipfel die Kabinen einer Seilbahn gleiten, wird zwar überall zum pfleglichen Umgang mit der Natur ermahnt. „Dieses kleine Gras lebt und bittet Sie, mit ihren Füßen Barmherzigkeit zu zeigen,“ heißt es etwa in holprigem Englisch. Dabei plärrt chinesischer Pop aus den Lautsprechern an den Masten der Seilbahn und übertönt jedes Vogelgezwitscher. Kinder kreischen vor Vergnügen, wenn sie in Lianenschaukeln in die Lüfte fliegen, Spaziergänger rufen einander über große Distanzen zu und lachen laut über das Echo. Wie sollte sich bei dem Lärm auch nur einer der 250 Wildelefanten zeigen, die von den einst „Millionen von Elefanten“ übrig geblieben sind.
Herr Hu und Frau Cheng sind begeistert von den zahmen Elefanten, die im Naturpark ihre Kunststückchen vorführen. Hunderte von Chinesen teilen diese Begeisterung. Doch die noch freien Dickhäuter werden sich hüten, in die Fänge der Menschen zu geraten und sich vor großer Kulisse zum Narren zu machen.
Frau Cheng mag es, wenn alles perfekt funktioniert, schließlich wollte sie ja mal Lehrerin werden. Am liebsten ist es ihr, wenn alles nach Plan läuft, selbst die Pflanzen machen da keine Ausnahme. Den Strauch der tanzenden Blätter besingt sie ausführlich, bis sich wirklich ein paar Blätter leise im Wind drehen. Und verschlossene Türen gibt es für unsere Führerin nicht. In den Dörfern der Minderheiten führt sie uns gnadenlos in verdreckte Küchen und armselige Schlafräume.
Herr Hu erzählt derweil von den „Minheiten“, für die die Ein-Kind-Politik des Politbüros im fernen Peking nicht gilt. Bis zu drei Kinder dürfen sie haben. Er selbst ist 38, hat eine zweijährige Tochter und ist nicht ganz einverstanden mit den Auswirkungen einer kurzsichtigen Geburtenkontrolle, die vorwiegend auf Kosten der weiblichen Nachkommen geht. „Bald wird China zu wenig Mädchen haben,“ sorgt er sich und spricht von den „verwöhnten Prinzen“, denen die Eltern keinen Wunsch abschlagen. Bei den Minderheiten ist das noch anders. Kinder sind Teil dieser dörflichen Welt und werden meist den Großmüttern überlassen.
Frau Cheng öffnet die Tür zum Haus eines frisch verheirateten Jinuo-Pärchens. Die Minderheit mit tibetischen Ursprüngen wurde erst 1979 als bislang letzte Ethnie anerkannt. „Kinder des Onkels“ nennen sie sich, weil sie glauben, dass sie von einem Geschwisterpaar abstammen, das in der Sonnentrommel eine Art Sintflut überlebt hat. Die Sonnentrommel ist bis heute größtes Heiligtum jedes Jinuo-Dorfes, auch wenn die Jungen sich immer weiter von den Traditionen entfernen. Stolz
zeigt die junge Frau die jüngsten Errungenschaften zwischen den Bretterwänden: eine Art Sideboard, auf dem der Fernseher den Platz des Ahnenaltars einnimmt. Der junge Ehemann fühlt sich sichtlich unwohl unter den neugierigen Blicken der Fremden. Draußen knattert ein Moped vorbei. Die jungen Jinuo sind in der Gegenwart angekommen. Jeans und T-Shirts ersetzen die bestickten Jacken und Hosen. Nur die Alten tragen noch Tracht. Der Wind der Veränderung hat Xishuanbanna erreicht.

Lancang heißt der Mekong in China, er entspringt im Hochland von Tibet,
fließt durch China, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam, wo das
Mekong-Delta in das südchinesische Meer mündet. 60 Millionen Menschen
hängen wirtschaftlich von dem drittlängsten Strom Asiens ab. Doch die
größte Macht an den Mekong-Ufern, China, ist gerade dabei, den anderen
Ländern das Wasser abzugraben. Acht Staudämme sollen am oberen Mekong
entstehen. Dabei ist der Fluss in Xishuanbanna schon jetzt so seicht,
dass Schifffahrt kaum möglich ist.

Auf dem Fluss: Unser chinesisches Speedboot hat allen Komfort, es ist
groß und bequem und hat eine eigene Küche, aus der es schon
verheißungsvoll duftet. Draußen stakst ein Matrose im seichten Wasser,
um eine Spurrinne für das Schiff zu finden. Und dann sitzen wir auf.
„No ploblem,“ sagt der Kapitän. „Das kriegen wir schon hin.“ Es ist
dann doch ein größeres Problem und wir sind froh, dass noch ein
(kleineres) Speedboot unterwegs ist, voller chinesischer Touristen aus
Thailand. Sie nehmen uns klaglos auf, auch wenn’s auf dem kleinen Boot
drangvoll eng wird. Selbst die Küche zieht mit um, damit wir nicht auf
die geplanten Leckerbissen verzichten müssen.
An der chinesischen Grenze stehen Frachter am Guan Lei Port an. Die
neue Kaimauer ist so imposant als wollten die Chinesen zeigen, dass sie
immer noch imstande wären, die chinesische Mauer zu bauen. Die
Grenzformalitäten scheinen kompliziert zu sein. Eine ganze Truppe
Zollbeamter rückt an, um uns abzufertigen – sicherheitshalber mit
Schwimmwesten. Im Niemandsland zwischen Myanmar und Laos fließt der
Mekong durch Felsen, die sich auftürmen wie steinerne Wellen, andere
sehen aus wie plissierter Taft, wieder andere wie von einer Riesenhand
aufgeschichtet. Kein Mensch, nirgends. Hie und da ein Vogel, wieder
dicke Brocken aufeinander getürmt, rostrot, schwefelgelb, schimmelgrün.
Jetzt ist der Fluss tief, denn das Bett ist eng. Schwarze Felsen stehen
Spalier als wäre eine Garde schwarzer Männer angetreten. Ein
burmesisches Dorf rechts, links eine laotische Hütte, dann Schiffe im
Hafen von Sep Loi. Rechts eine Herde Wasserbüffel, ein einsamer Hund,
Rauch steigt hinter den hohen Bambusgehölzen auf, dann wieder
undurchdringliches Grün und Bäume wie grünbärtige Riesen. Hinter grauen
Schieferwänden mündet ein klarer Bach in die schlammfarbenen
Mekong-Fluten, dann wieder Sandbänke wie Tortenstücke, winkende Kinder.
Allmählich belebt sich die Szenerie. Hütten aus Palmzweigen,
Wasserbüffel, ganze Familien, Boote, Flöße. Im braunen Wasser liegen
Steine rund, glänzend und schwarz wie die Rücken badender Nilpferde.
Wir fahren Slalom durch Felsspaliere und wo der Fluss breiter wird,
zwingen Stromschnellen zum langsam Fahren. Wieder stochert ein Matrose
mit der Stange im Trüben, ein anderer hält von oben Ausschau. Das
dunkelbraune Wasser verrät nichts. Der Kapitän beschleunigt, donnert
mit voller Geschwindigkeit in die Kurven. Auf dem Schiff fallen zwei
Motorräder um, Koffer stürzen ab. Als die Sonne untergeht und das Braun
des Mekong golden färbt, brennen kleine Feuer am Ufer, in der Dämmerung
wirken die Felsen wie versteinerte Zauberwesen.
Dunkel ist die Nacht am Mekong zwischen Myanmar und Laos. Nur
geisterhaft tauchen ab und zu Lichter auf, Straßenlampen in einem Dorf,
ein paar erleuchtete Häuser. Wie eine Fata Morgana aus Licht nimmt sich
dagegen das birmesische Casino direkt hinter der Grenze zu Thailand
aus, das mit einem Tagesvisum zu besuchen ist und der Junta Devisen in
die Kasse spült. Majestätisch strahlt der goldene Buddha vor Sop Ruak,
ehe die Nacht wieder über unser Boot fällt. Noch zehn Kilometer bis
Chiang Saen – und der Grenze.

Chiang Saen, Thailand: Das Goldene Dreieck, das Dreiländereck zwischen
Thailand, Myanmar und Laos, ein Schmuggler- und Drogenparadies – und
ein Touristenmagnet. Cheng, unser Führer, sieht selbst aus wie wir uns
einen Opiumschmuggler vorstellen. Der 42-jährige mit der
Harley-Lederjacke, dem Hawaiihemd und den langen Haaren ist Bauer und
Reiseführer – beides mit Leidenschaft.
Natürlich ist Opium das Thema am Goldenen Dreieck. Im kleinen
Opiummuseum von Chiang Saen ebenso wie in der imposanten Hall of Opium,
die sich vor allem der Aufklärung widmet. Ein Film erinnert daran, dass
Opium einst aus Europa über Ägypten nach China kam. Auf Schautafeln und
mittels interaktiver Exponate können die Besucher den Weg der legalen
Droge zum Rauschgift verfolgen (und die unrühmliche Rolle, die
Großbritannien und später die CIA im internationalen Drogenhandel
spielten). Das noch von der Königsmutter initiierte Museum wartet mit
vielen interaktiven Möglichkeiten und einer Menge kompakter
Informationen auf und entlässt den Besucher nachdenklich, denn Lösungen
werden nicht angeboten.
Leichter ist da schon der Umgang mit der alten Geschichte. In Alt
Chiang Saen, das einmal Weltkulturerbe werden soll, erzählt Deng uns
von den Ursprüngen des Königreichs Siam und von den „Barbaren vom
Jangtse“, die im elften Jahrhundert nach Thailand kamen. Eindrucksvolle
steinerne Zeugen aus alter Zeit sind die acht Kilometer lange
Stadtmauer aus Backsteinen, die nur teilweise frei gelegt ist, und eine
überwachsene Pagode. Aber überall im Ort gibt es noch Überreste aus
alter Zeit.

Auf dem Fluss: Wir setzen in Chiang Kong mit der Fähre über und reisen
in Houay Say in Laos ein. Alle Welt scheint hier mit Rucksack unterwegs
zu sein – und Geld zu wechseln. Ein Dollar bringt 10 000 Kip, auch bei
bescheidener Summe gibt das ein kleines Geldpaket. TukTuks, die bunt
bemalten Allzweckfahrzeuge Asiens, bringen uns zum Hafen, wo ein
laotisches Langboot aus Holz auf uns wartet. Endlich sind wir
angekommen in der asiatischen Gelassenheit, haben die europäische
Hektik hinter uns gelassen. Das Boot treibt friedlich dahin auf den
braunen Fluten des Mekong und wir informieren uns über Laos, das
bitterarme Land ohne Zugang zum Meer, das von seinen fünf
expansionslüsternen Nachbarn erdrückt zu werden droht. Gelitten haben
die Laoten auch im Vietnam-Krieg, als drei Millionen Bomben auf das
Land fielen. „Für jeden Einwohner eine“, fasst unser Führer, Herr Oth,
das Unfassbare in Worte. 1975 übernahmen dann die kommunistischen
Pathet Lao die Macht im Staat. Heute probt das Regime den Spagat
zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft, doch Korruption, ausufernde
Bürokratie und fehlende Infrastruktur bremsen den Fortschritt. Immer
noch sind fast die Hälfte der mittlerweile 5,8 Millionen Laoten
Analphabeten. Probleme mit der Alterspyramide kennt man hier nicht: 55
Prozent sind unter 20 Jahre alt.
Wir machen halt an einem Dorf der Hmong-Minderheit, einer von 60
Ethnien, die Laos bevölkern. Zerzauste Hütten liegen im Grün wie
Glucken, eine Frau wäscht, Hühner und Hunde empfangen uns. Dann kommt
uns das halbe Dorf entgegen, um Handarbeiten zu verkaufen: Samtjacken,
kleine Taschen, bestickte Gürtel. Die Bezahlung in Kip lehnen die
Frauen wortreich ab. Sie wollen „Dollar“ oder „Baht“, kein Wunder bei
dem akuten Währungsverfall. Die kleinen Mädchen tragen Babys auf dem
Rücken und halten die Hand auf. Von den Männern ist nichts zu sehen.
Die meisten, so sagt Herr Oth, sind drogenabehängig. Hier in den
Bergdörfern wird noch Rohopium gewonnen. Mitten im Dorf ein Domizil aus
Stein. „Das Haus des Bürgermeisters,“ verrät Herr Oth und fügt
verschwörerisch hinzu: „Drogengeschäfte“. Derzeit sitzen Mann und Frau
ein und das Haus ist verschlossen.
Der Mekong trägt uns weiter ins Land hinein. Ein Dorf der Lao Loum
empfängt uns. Mit seinen Bougainvilleas, vielen Läden und kleinen
Plätzen macht es einen aufgeräumten Eindruck, Frauen spinnen und weben
farbenprächtige Schals und traditionelle Tücher, die sich die Laotinnen
anmutig um die Hüfte schlingen. Kinder und Hühner umringen uns, aber
niemand drängt uns, etwas zu kaufen. An Bord ist der Tisch gedeckt.
Erstaunlich, was die beiden Frauen in der kleinen Kombüse zaubern.
Gegen Abend erreichen wir im goldenen Licht der Abendsonne Pakbeng.
Der kleine Ort ist sichtlich Touristenziel. Entlang der ungeteerten
Hauptstraße reihen sich Gästehäuser, Restaurants und Verkaufsstände. Es
gibt Pizza und Baguette und auch sonst noch einige „Segnungen“ der
modernen Zivilisation. Im Morgengrauen kommen die Bauern auf den
kleinen Markt, wo sie ihre Produkte verkaufen: Tomaten, Salat, Paprika,
Chili, Weißkraut, Blumenkohl, Eier. In der „Metzgerei“ ganz hinten in
der Ecke wird gerade ein Rinderkopf zerhackt.

Wir wandern in die Berge zu einem abgelegenen Dorf der Khmu. Hunde
balgen sich im Schatten, Welpen purzeln über die Wurzeln auf der
„Straße“. Eine Mutter wäscht ihren Sohn im Dorfbrunnen, ein Mann
raucht, während die Frauen daneben schwatzen und Tee trinken. Ein
anderer baut an seinem Haus, Kinder stapeln Holz für ein Feuerchen.
Alles ist friedlich. Wir werden zwar bestaunt, aber nicht angesprochen.
Lächelnd folgen die Dorfbewohner den seltsamen Langnasen mit den Augen
und johlend begleitet eine Schar Kinder uns ein Stück Wegs.
Wir sind nicht die einzigen, die auf dem Mekong mit dem Boot unterwegs
sind. Hausboote kommen uns entgegen, die nicht nur den ganzen Hausrat
an Bord haben, sondern auch einen Hahn samt Hühnern und Küken – und
manchmal sogar Elefanten. Wan und Mei sind Arbeitselefanten. Sie
helfen beim Holztransport und werden dabei auch mal selbst
transportiert. So ganz wohl fühlen sich die Dickhäuter auf dem
schwankenden Schiff allerdings nicht. Doch die Mahouts beruhigen sie,
klopfen liebevoll die schweren Schädel und setzen ganze Staubwolken
frei. Wan und Mei sind Elefantendamen. „Die weiblichen Elefanten eignen
sich besser zur Arbeit als die Bullen,“ weiß Herr Oth.
In Laos gilt das wohl nicht nur für Elefanten. Auch die Goldsucher am
Mekong sind Frauen – und Kinder. Nach der Ernte gehen sie zum
Goldschürfen an den Fluss. Die Ausbeute ist kläglich. Ein Gramm pro
Monat, meint Herr Oth, sei schon ein Erfolg. Mehr zu finden sei so
schwierig „wie ein Sechser im Lotto“. Doch die Frauen graben und
waschen unverzagt den schimmernden Sand. Die Hoffnung treibt sie an,
Hoffnung auf ein winziges Körnchen Gold, ein kleines Stückchen Glück.
Man ist bescheiden in Laos und in buddhistischer Gelassenheit zufrieden
mit dem, was man hat. Herr Oth würde lieber ein bisschen mehr Ehrgeiz
bei seinen Landsleuten sehen. Er hat in Leipzig studiert und deutsche
Effektivität verinnerlicht. Herr Oth will mehr Touristen ins Land
holen. Denn Laos hat viel zu bieten.

Luang Prabang, Laos: 328 Stufen führen auf den 150 Meter hohen Phou Si
über der alten Königsstadt Luang Prabang. Schlangen, Drachen und andere
Fabeltiere stehen Wache, zahllose Buddhastatuen schützen den „schönen
Berg“ vor den bösen Geistern. Und Buddha selbst hat auf halber Höhe
einen Fußabdruck hinterlassen, groß wie ein Laote. Die Stupa strahlt im
Sonnenuntergang, der Duft von Frangipani, der Nationalblume von Laos,
liegt in der Luft, im Dämmerlicht schimmert das Gold der Tempel, im
Mekong funkeln die letzten Sonnenstrahlen wie flüssiges Gold. Wir sind
wie verzaubert. Dieser Berg hat viel gesehen, seit König Fa Ngum die
Stadt 1353 zu seiner Residenz erkor. Könige sind auf den Thron gehoben
und gestürzt worden, Tempel wurden zerstört und wieder aufgebaut, die
Franzosen kamen und gingen ebenso wie die Revolution. Und doch ist
Luang Prabang über all die Jahrhunderte sich treu geblieben in seiner
geheimnisvollen Schönheit. Vielleicht hat der Phra Bang dazu
beigetragen, jene kindgroße vergoldete Buddhafigur, die als höchstes
Heiligtum des Landes gilt und die der Stadt den Namen gab. Immer wieder
geraubt, verschleppt und immer wieder zurückgekehrt, soll der
Schutzheilige, der 1358 von Angkor nach Laos kam, bald in einen
prunkvollen Schrein vor dem Nationalmuseum einziehen. Seit 1995 schützt
auch die Unesco die alte Stadt -als Weltkulturerbe.
Die Touristen sind schon da. Die meisten kommen aus der Luft. Doch die
schönste Reise führt über die Lebensader von Laos, den Mekong.

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