Generation Frosch: Jostein Gaareders „2084 – Noras Welt“

„Einer alten Fabel zufolge springt ein Frosch, den man in kochendes Wasser setzt, sofort wieder heraus und rettet sein Leben. Setzt man den Frosch dagegen in einen Topf mit kaltem Wasser und erhitzt es langsam bis zum Siedepunkt, erkennt der Frosch die Gefahr nicht und wird zu Tode gekocht.“
„Ist unsere Generation so ein Frosch?“ fragt sich Nora. „Oder sind es die Demokratien, in denen wir leben? Kann unser Planet die Menschheit überhaupt noch ertragen?“ Es sind existentielle Fragen, denen sich die Schülerin da stellt.

Und Nora belässt es nicht bei der Suche nach Antworten. Sie will sich engagieren, etwas tun gegen die drohende Klimaerwärmung, das Aussterben bedrohter Tierarten, die grassierende Armut in den Ländern der Dritten Welt. Zusammen mit ihrem Freund Jonas sucht sie nach Möglichkeiten. In ihren Träumen kann sie sehen, was aus unserer Welt in 65 Jahren wird: 2084 ist ihre Urenkelin Nova so alt wie sie jetzt. Doch Novas Alltag ist nicht mehr vergleichbar mit dem Noras. Inseln und ganze Länder sind vom Meer verschluckt worden, Heerscharen von Klimaflüchtlingen ziehen gen Norden, wo das Leben noch einigermaßen sicher scheint. Autos gibt es nicht mehr – dafür Kamele. Und im Sekundentakt sterben Tiere aus. Alle, die es nicht mehr gibt, kann man virtuell erleben – im internationalen Tierpark Den Haag, wo an die zerstörten Ökosysteme in aller Welt erinnert werden soll. Nova schämt sich für die Menschheit, die ihren Planeten so heruntergewirtschaftet hat – aus Gier und Egoismus. Und sie beauftragt ihre Urgroßmutter, dafür zu sorgen, dass der Raubbau nicht weiter geht.
Im Traum schlüpft Nora in Noras Haut, dann ist sie wieder die Urgroßmutter. Da kommt dann auch ein „Wunschring“ ins Spiel, den Nora am Vorabend ihres 16. Geburtstages geerbt hat. Und die Tochter ihres Psychologen, eine Entwicklungshelferin, die von Geiselnehmern entführt wurde, spielt ebenfalls eine Rolle. Koinzidenzen kommen ins Spiel wie so oft bei Jostein Gaarder, dem norwegischen Autor, der mit „Sophies Welt“ einen Literaturhit gelandet hat. 
Mit seinem neuen Buch „2084 – Noras Welt“ will Gaarder nicht die Philosophie erklären. Er will junge Leute aufklären, wachrütteln. Das aber gelingt ihm nur ansatzweise. Zu blutleer sind die Charaktere, zu oft bleibt die Handlung im Theoretischen stecken. Zu verwirrend sind die Zufälle. Es scheint, als habe Jostein Gaarder sich nicht entscheiden können, ob er eine Dystopie oder einen gesellschaftskritischen Roman schreiben wollte. Das soll nicht heißen, dass dieses Buch nicht wichtig und lesenswert ist. Nur: von Jostein Gaarder hätte man sich zu diesem Thema einen Paukenschlag erwartet ähnlich dem der Orwell mit „1984“ gelang. In „2084“ aber spielt Gaarder eher auf dem Tambourin. 

Info: Jostein Gaarder, 2084 – Noras Welt, Hanser, 192 S., 14,50 Euro, ab 12  

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