Stadt des Lichts: Jean-Claude Izzos „Mein Marseille“

Was hätte der 2000 im Alter von 55 Jahren verstorbene Krimi-Autor Jean-Claude Izzo wohl zu den architektonischen Kulturhauptstadt-Highlights gesagt, mit denen seine Stadt in diesem Jahr prunkt? Der gebürtige Marseiller, der von der Lebenstrunkenheit dieser Stadt schwärmte, der sie hymnisch als Stadt des Lichts pries, war eher ein Feind baulicher Veränderungen.  

Die hatte er schon im Panier erlebt, dem Altstadt-Viertel, in dem er als Sohn eines Italieners und einer Spanierin geboren worden war. Und sie waren ihm ein Graus ebenso wie der Anspruch der Europäischen Union, die Stadt am Meer für Europa zu vereinnahmen. Offen sollte sie sein, wünschte sich Izzo, eine Brücke hinüber nach Afrika, dorthin, woher auch viele Marseiller kamen. Diese multikulturelle Mischung, die sich in den Gerüchten der Märkte niederschlug und in der Vielsprachigkeit der Stadt, hatte es dem Dichter ebenso angetan wie ihr ihre Offenheit auch dem Fremden gegenüber. Nicht zu vergessen die unterschiedlichen Gesichter dieser Stadt zwischen Meer und Bergen. „Marseille badet wollüstig in den Perspektiven“, ließ er einen seiner Romanhelden sagen. Von den Calanques schwärmte er, deren Schönheit ihn immer wieder „in Einklang mit der Welt“ brachte, von der saftigen Ursprünglichkeit Marseiller Gerichte, von versteckten Kneipen und engen Gassen.
Wer sich auf seine Spuren begeben will, findet in dem Büchlein „Mein Marseille“ einige Anregungen, zumal die in den – aus Izzos Büchern – ausgewählten Textauszügen erwähnten Orte in einer Karte im Anhang markiert sind. Ach ja, auch dass Izzo sich gerne bei sich selbst bediente, kann man in dieser Textauswahl herausfinden. Warum auch nicht, wenn die Aussage stimmt. Das tut jedenfalls dieser poetischen Liebeserklärung keinen Abbruch und macht höchstens neugierig auf noch mehr Izzo.  
Info Jean-Claude Izzo, Mein Marseille, Unionsverlag,95 S., 7,90 Euro 

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