Szenen aus einer untergegangenen Welt

Was dieser Roman uns vorführt ist vordergründig ein gesellschaftliches Leben, das so nicht mehr existiert und das die Autorin mit viel Nostalgie in Szene setzt. Der Krieg hatte dem österreichischen Adel zwar oft die Existenzgrundlage entzogen, aber nicht seinen Dünkel, die Überzeugung anders zu sein, besser als diejenigen, die sich hochgearbeitet hatten und deren Geld man gerne vereinnahmte. Durch Heiraten etwa. Es sind drei Schicksale, die de Waal in ihrem Buch zusammenführt. Drei Rückkehrer. Da ist der jüdische Mediziner Professor Adler, den das Heimweh aus Amerika zurück ins geliebte Wien getrieben hat und der an seiner Stelle einen reuelosen Nazi vorfindet. Das ist die   wunderschöne, infantile Marie-Theres, die ihre Eltern aus Amerika zurück in die alte Heimat schicken, auf dass sie im Schoss der Familie zu leben lerne. Und da ist schließlich der reiche Grieche Kanakis, der in Wien seine dekadenten Seiten ausleben will. Dazu kommen noch Freunde und Familien und – der Katalysator des Ganzen, der ebenso unwiderstehliche wie skrupellose junge Fürst Bimbo Grein.
Sie alle spielen ihre gut inszenierten Rollen in diesem Drama, das mit einem Selbstmord endet. Doch die Gefühle, die sie umtreiben, die Skrupel, die sie haben, sind uns so fremd wie die so bewundernd beschriebene adlige Noblesse, die an Hochmut grenzt. Als Elisabeth de Waal, 1899 in Wien als Tochter von Viktor von Ephrussi und der Baronesse Emmy Schey von Koromla geboren und 1991 in England gestorben, ihr Manuskript verfasste, wollte sie wohl das Vergangene zurückholen, hielt sich fest an Maßstäben, die schon längst nicht mehr galten. Das ist hin und wieder reizvoll zu lesen, vor allem da, wo der Roman seine Stärken hat wie bei der Rückkehr Kuno Adlers. Aber bei der Liebesgeschichte um Resi, wie die adligen Tanten die amerikanische Schönheit nennen, gleitet die sonst durchaus hellsichtige Autorin auf sentimentales Gartenlauben-Niveau ab. Ein nostalgisch-verbrämtes Wunschbild aufrechter Aristokraten hat ihr den Sinn für die Realität verstellt und damit ist die Autorin buchstäblich aus der Zeit gefallen.
Info: Elisabeth de Waal, Donnerstags bei Kanakis, Zsolnay, 334 S., 20,50 Euro

Es gibt bisher keine Kommentare.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert