Schlichtung statt Gerichtsurteil

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Es sind schon seltsame Reisende, die mit der „Frankfurter Tabelle“ im Gepäck in den Urlaub fahren und dann gleich vor Ort überprüfen, welche Mängel möglicherweise zu einer Minderung des Reisepreises führen könnten. Doch solche Streithansel, so der Tenor der Touristischen Runde zum Thema „Beschwerden, Reklamationen, Schlichtung“ sind eher selten. Einträchtig warnten zudem Prof. Dr. Ronald Schmid von der „Reiseschiedsstelle“ und Dr. Alois Weber, Ombudsmann für die FTI-Tochter Sonnenklar TV, vor der oft und gern zitierten Frankfurter Tabelle. „Ein Unding“, polterte Weber. „Toter als tot“, assistierte Schmid und präzisierte: „Als Anwalt kann man nichts Tödlicheres machen als die Frankfurter Tabelle zu zitieren, selbst in Frankfurt nicht.“

Bei der Schlichtung, für die beide Herren engagiert sind, geht es ohnehin darum, gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Claudia Brözel, Geschäftsführerin des Vereins zur Förderung alternativer Schlichtung im Reiserecht und Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb (V.I.R), würde sich am liebsten am Beispiel Schweiz orientieren, wo die Einrichtung eines Ombudsmanns Sache des Staates ist. In Deutschland gingen die Überlegungen zwar in eine ähnliche Richtung, deutete  Brözel an, aber noch sei es nicht soweit. Deshalb und auch als Kundenbindungsprojekt, das Vertrauen schaffen soll, habe der V.I.R. 2005 zusammen mit Prof.Dr.Schmid die Reiseschiedsstelle gegründet, anfangs nur für Mitglieder. 2007 wurde daraus ein eigener „Verein zur Förderung alternativer Streitschlichtung im Reiserecht“ (Fasir), der allen Unternehmen offen steht, die online-Reisebuchungen anbieten. Damit böten die online-Veranstalter ein „Bonbon“ für ihre Kunden und setzten Standards. Am liebsten würde Brözel auch die Airlines ins Boot holen. „Das ist ein ganz großes Thema.“ 
Schmid, der sich als Rechtsanwalt auf Luftrecht spezialisiert und darüber auch promoviert hat, hat als Schlichter die Erfahrung gemacht, dass die meisten Kunden mit seiner Entscheidung zufrieden sind. „Der Kunde, der vor Gericht zieht, ist oft als Kunde verloren“, ist er überzeugt. Vor Gericht gebe es nur Sieger und Verlierer. Die Schlichtung dagegen finde hinter verschlossenen Türen statt, es werde  keine schmutzige Wäsche gewaschen und die Partner seien gleichberechtigt. Natürlich machten auch Kunden Fehler, räumte Schmid ein, wenn sie etwa den falschen Flughafen anklickten oder sich bei der Mailadresse vertippten. Die müsse er mit seinem Schiedsspruch zu mehr Eigenverantwortung ermutigen. In jedem Fall sieht sich der Anwalt als unabhängig, auch wenn die Unternehmen durch ihren Vereinsbeitrag die Schlichtung finanzieren, so dass auf den Kunden keine Kosten zukommen. „Ich orientiere mich an Recht und Gesetz“, betonte Schmid und wies darauf hin, dass sich die Vereinsmitglieder verpflichtet hätten, seine Schlichtung anzuerkennen, selbst wenn sie dafür bluten müssten.
Auch der Jurist und Betriebswirt Weber, der lange Jahre im Vorstand der Elvia Reiseversicherung Erfahrungen sammeln konnte, betonte seine Unabhängigkeit. Er sei zwar für eine bestimmte Gruppe (Sonnenklar TV) tätig, könne aber frei entscheiden. Wie sein Kollege Schmid ist Weber überzeugt davon, dass Schlichtung den Unternehmen zufriedene Kunden beschert, und wundert sich, warum „nicht jeder große Veranstalter so etwas hat“.
Der Weg zum Ombudsmann oder zur Schlichtung, das machten beide Referenten klar, führt immer über die Beschwerde beim Unternehmen, das  verpflichtet ist, eine befriedigende Lösung zu suchen. Erst wenn das nicht möglich ist, wird der Schlichter angerufen, der den Sachverhalt klären und die Interessen und Anspruchsgrundlagen abwägen muss. Der größte Teil der Beschwerden, so die Erfahrung der Juristen, ist unbegründet und nur bei einem kleinen Prozentsatz müssen die Schlichter tätig werden. Im besten Fall zur Zufriedenheit beider Seiten.
Für Weber ist es wichtig, dem Kunden das Gefühl zu geben, ernst genommen zu werden, ihm ein Ventil für Frust und Unmut zu bieten. Schmid fühlt sich hin und wieder als „Seelsorger“ und freut sich, wenn die Kunden auch einen negativen Schiedsspruch akzeptieren, weil er ihnen als „neutraler Außenstehender“ die Sachlage erklärt habe. Viele müsse er allerdings abweisen, weil die Veranstalter nicht Vereinsmitglieder seien. „Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum die großen Veranstalter sich nicht  engagieren.“ Eine Beschwerdeflut sei nicht zu befürchten, meinte der Jurist, da wirke der von Rechts wegen vorgeschriebene Versuch einer Lösung auf Unternehmensebene als Filter.
Auf alle Fälle, da waren sich die Referenten einig, könnten Schlichter oder Ombudsmänner  den überlasteten Gerichten langwierige Prozesse ersparen, die sich oft um Nichtigkeiten drehten. Wie jener, bei dem ein Anwalt 30 Prozent Reisepreisminderung für seine Mandantin forderte, weil der Föhn kaputt war. Auf den Einwand des Richters, die Frau hätte doch schon vor Ort für Abhilfe sorgen können, meinte der Anwalt: „Wegen so einer Lappalie belästigt meine Mandantin doch nicht den Reiseleiter“ – wohl aber das Gericht.   
                  

2 Kommentare
  • Sigrid Kittler
    August 4, 2013

    Das mit der Schlichtungsstelle finde ich als Verbraucher sehr gut. Aber an wem wende ich mich, wenn mein Reiseveranstalter (in meinem Fall Alltours)nicht Mitglied ist? Wir haben eine Pauschalreise gebucht. Der Abflug wurde so verschoben, daß wir erst am 2. Urlaubstag am Urlaubsziel ankommen. Danke im voraus für Hinweise.
    Mit freundlichen Grüßen S. Kittler

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