Keine Rede vom Kuss der Muse

Amelie Fried

Die Erfolgsautorin und TV-Moderatorin Amelie Fried sieht Schreiben als harte Arbeit und eher unglamouröses Handwerk. Lilo Solcher sprach mit ihr in Schwabing.
Von Lilo Solcher
Sie kommt pünktlich zum Treffpunkt in Schwabing, bestellt Mohnkuchen und Mineralwasser und ist sofort bereit, ins Thema einzusteigen. Amelie Fried, 1958 als Tochter des Verlegers Kurt Fried und der Buchhändlerin Inge Fried Rutha in Ulm geboren, ist Profi. Ihr schmales Gesicht mit dem Blondschopf und den graugrünen Augen kennt (fast) jeder. Als Fernseh-Moderatorin ist sie all jenen vertraut, die „Live aus der Alten Oper” gesehen haben oder derzeit die Sendung „3nach9” verfolgen. Daneben ist das Multitalent Fried noch eine erfolgreiche Autorin. Ihr neuester Roman „Rosannas Tochter” steht auf Platz 20 der Spiegel-Bestseller-Liste.
Dass Bekanntheit auch eine Last sein kann, hat Amelie Fried erst kürzlich erfahren. Nachdem Gäste in ihrer Sendung „3nach9” geraucht hatten, wurde die ­ nichtrauchende ­Moderatorin „Opfer radikaler Nichtraucher”. Wüste Beschimpfungen überschwemmten ihr Gästebuch und als sie dann auch noch auf ihrer Kinder-Homepage als Agentin der Tabakindustrie diffamiert wurde, erstattete sie Anzeige. „Jetzt ist die Sache vom Tisch,” sagt sie entschlossen. „Ich habe klar gemacht, dass ich mit militanten Fanatikern nichts zu tun haben will.”
Viel lieber als über solche Misstöne redet sie über Angenehmes. Über ihr neues Buch etwa. „Rosannas Tochter” erzählt davon, wie die Tochter der ehemaligen Lebensgefährtin des Mannes die Lebensplanung eines jungen Paares durcheinander bringt. Im Vorfeld hat Amelie Fried erstmals ihren „Pflegesohn ­ klingt netter als Stiefsohn” ­ Kirim erwähnt, der im Alter von 17 zu ihrer Familie kam. Nicht ohne sich mit dem 23-Jährigen abzustimmen. Kirim sollte selbst entscheiden, ob er in aller Öffentlichkeit über seine Erfahrungen reden wollte. Er wollte. Allerdings verlief bei den Frieds alles „völlig unkompliziert” ­ ganz anders als im Roman, in den auch das Lolita-Thema noch hineinspielt. Die pubertierende Aimée rivalisiert mit der selbstbewussten Nela um die Liebe des Rechtsanwalts Josch. Im allgemeinen Gefühlschaos droht die Liebe zu scheitern. Fried hat sich viel Arbeit mit ihren Figuren gemacht und den Roman aus drei unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Denn: „Es gibt verschiedene Wahrheiten zu einer Geschichte”.
Mit ihrer eigenen Realität allerdings habe der Roman „nicht das Geringste” zu tun, stellt sie klar, während sie sich den Mohnkuchen schmecken lässt. Auch wenn die Handlung in einer Realität verankert sei, die „ich kenne”. Sie könne gut zuhören, sagt Amelie Fried, und lasse sich von den Erfahrungen in ihrem Umfeld inspirieren, in dem es viele Patchwork-Familien gibt. Familie ist deshalb für sie ein „unheimlich spannendes Thema”. Man dürfe nur nicht Fiktion und Wirklichkeit verwechseln: „Mein Leben ist relativ normal und undramatisch”. Ihr Leben, das ist das Haus mitten in einem oberbayerischen Dorf. Das ist seit 16 Jahren Ehemann Peter Probst (48), Drehbuchautor und Co-Autor der erfolgreichen Kinder-Krimis „Taco und Kaninchen”. Das sind die Kinder Leonard (14) und Paulina (11). Und das ist ihre Arbeit als Moderatorin, Autorin und Kolumnistin.
All das zusammen empfindet die Karrierefrau als „perfekte Kombination” und als großes Glück. Das Schreiben als konzentrierte aber einsame Arbeit werde durch die Teamarbeit im Fernsehen ergänzt und ­ natürlich durch die Familie. Die kann allerdings bei der Schreib-Disziplin, die Amelie Fried sich auferlegt, auch störend sein. Dann zieht sie sich „klausurmäßig” zurück, um im eigenen Rhythmus zu arbeiten. „Ich gehöre nicht zu den Autorinnen, die ein Buch in drei Wochen runterschreiben,” gesteht sie und lächelt ihr Moderatorinnen-Lächeln. „Ich bastele lang an einer Geschichte und bin sehr skrupulös bei der Arbeit.” Schreiben ist für sie eher unglamourös, Handwerk eben. Nichts da vom Kuss der Muse.
Amelie Fried sieht sich als Unterhaltungsschriftstellerin („Da darf man nichts hinein geheimsen”). Ernst genommen werden will das talentierte Persönchen trotzdem. Ihre Leser(innen) sollen sich und ihre Welt in Frieds Büchern wieder erkennen. „Frauenerfüllungsfantasien” interessieren die Autorin nicht: „Ich bin von Elfriede Jelinek genauso weit weg wie von Hera Lind.” Alle ihre Romane waren Bestseller, einige wurden auch verfilmt. Als Kinderbuchautorin hat sie diverse Auszeichnungen eingeheimst, unter anderem den Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Bilderbuch „Hat Opa einen Anzug an”, in dem das Thema Tod thematisiert ohne jeden Kitsch thematisiert wird.
Was ist das Geheimnis ihres Erfolgs? Amelie Fried nestelt an ihrem Armband aus blauen und grünen Perlen. „Alles zusammen,” überlegt sie und schaut in die Ferne: Das Schreiben, das Moderieren und die Familie. „Ich empfinde es als großes Privileg, alle drei Dinge tun zu dürfen und damit erfolgreich zu sein.” Sagt’s und eilt davon. Eine zierliche blonde Frau in weißer Hose und türkisem Shirt, das viel goldbraune Haut zeigt. Ihre Leser(innen) warten schon. In Neumarkt wird sie „Rosannas Tochter” vorstellen.

Amelie Fried, Rosannas Tochter, Heyne, 382 Seiten, 19,90 ¤
Im Herbst erscheint ein neuer Band der Kinderkrimi-Reihe „Taco und Kaninchen” sowie ein dritter Band mit gesammelten Kolumnen „Offene Geheimnisse”. Außerdem moderiert Fried im Rahmen von Focus Gesundheit bei Premiere das Sachbuch-Journal „Gute Seiten”.

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