Kanalinseln: Gartenglück und fromme Werke

Hereinspaziert ins grüne Paradies! Baumfarne bilden ein schier undurchdringliches Dickicht, Bambusstangen ragen himmelhoch über gigantischen Mammutblättern auf. In einem Meer von blauen Hortensien spiegelt sich eine Brücke im kleinen Teich. Unwillkürlich denkt man da an Claude Monet und seinen Garten in Givenchy. Doch hier sind wir in Cornwall, und in Trebah Garden ist scheinbar die ganze Welt in einer großartigen Gartenlandschaft versammelt.

Im Dschungel von Trebah Garden

Wir sind auf einer Reise, die englische Gartenliebe mit französischer Lebensart verbindet, Spiritualität mit Geschichte und Genuss. Herz der Kreuzfahrt sind die Kanalinseln. Aber auch Cornwall, die Normandie, die Bretagne und das belgische Brügge stehen auf dem Programm.

D-Day-Erinnerungen am Strand

Im Trebah Garden sind die Rhododendren schon verblüht, doch das Blau der Hortensien macht dem Himmelsblau Konkurrenz. Und die gewaltigen Gunnera, die Mammutblätter mit einem Durchmesser von bis zu zweieinhalb Metern, flößen Respekt ein. Ebenso wie der Bussard im grünen Gras, der ungerührt die vorbei flanierenden Menschen betrachtet. Man könnte ganz Tage hier verweilen und immer wieder Neues entdecken. Unten am schönen Privatstrand wird man dann mit der Vergangenheit konfrontiert. Hier wurden 1944 amerikanische Panzer und Lkw auf Landungsboote verladen, um am D-Day bei der Invasion der Alliierten in der Normandie eingesetzt zu werden.

Erinnerung an kriegerische Zeiten

Der Segen des Golfstroms

Seine „Exoten“ verdankt Trebah Garden Charles Fox, der im 19. Jahrhundert für den Schluchtengarten Samen und Pflanzen aus aller Welt einführte. Und natürlich dem Golfstrom, der für ein mildes und ausgeglichenes Klima sorgt. Fast noch schöner ist der Tresco Abbey Garden auf den Scilly Inseln, der ebenfalls Mitte des 19. Jahrhunderts angelegt wurde. Gründer Augustus Smith hat dabei die Ruinen des ehemaligen Benediktiner-Klosters aus dem 12. Jahrhundert als romantische Kulisse inszeniert.

Romantik pur im Tresco Abbey Garden

Galionsfiguren im Valhalla Museum

20.000 Pflanzen aus allen Klimazonen der Welt blühen hier im Schatten von alten Baumriesen. Dazwischen ziehen Skulpturen und kleine Teiche die Blicke auf sich. Gaia etwa, die Erdmutter, thront inmitten von blühenden Pflanzen und unter Palmen. Sehenswert ist auch Smiths Sammlung von über 30 Galionsfiguren im „Valhalla Museum“. Sie stammen von Schiffen, die vor den Inseln gesunken sind. Über 500 Schiffswracks sind rund um den Archipel registriert. In alten Zeiten haben sich die meist bitterarmen Inselbewohner wohl auch als Piraten und Plünderer ihren Lebensunterhalt gesichert.

Ein malerisches Guest House in der Inselhauptstadt St. Mary

Heute ist der Hauptort der Inseln St. Mary‘s ein blühendes Städtchen mit reizvollen Häusern, kleinen Läden und einer einladenden Badebucht. Im Thregarthen‘s Hotel mit dem mehrstufigen Garten soll Lord Tennyson die Ballade Enoch Arden geschrieben haben – über einen Schiffbruch mit Folgen.

Wo der König baden ging

Die Zeiten der Galionsfiguren sind längst vorbei,  und unser Schiff hat in diesem schönen Frühsommer auch nicht mit rauer See zu kämpfen. Allerdings entfallen trotzdem zwei Ziele, die der Kapitän wegen der Strömungen nicht ansteuern will. Tendern, so heißt es, könnte vor Alderney und der Isle of Wight problematisch sein. Statt der Isle of Wight machen wir einen Abstecher nach Portland, dahin, wo König George III. baden ging. Mit einem Denkmal bedankten sich die Bewohner des hübschen Städtchens Weymouth bei dem Monarchen für seinen Besuch. Der Badekarren, aus dem seine königliche Hoheit in die Fluten stieg, ist auch zu sehen.

Das Denkmal für König Georg III., der Weymouth als Badeort bekannt gemacht hat

Mystisches Ganggrab

Kann man sich an Gärten sattsehen? Auf der Kanalinsel Jersey locken die Gärten von Samarès Manor mit Spalierobst, Kräuterbeeten und einem bezaubernden japanischen Garten. Auch hier treffen wir wieder auf Baumfarne und Mammutblätter – Exoten, die der einstige Eigentümer Sir James Knott von seinen Reisen mitgebracht hat. Aber das kennen wir ja alles schon… Dann doch lieber zu einem „place of mystery“, einem geheimnisvollen Ort. Das Ganggrab von La Hougue Bie aus der Jungsteinzeit ist wohl eines der größten und schönsten in Nordeuropa. Der niedrige Gang führt in eine geheimnisvolle Kammer mit hohen Wänden und zwei Seitenkammern. Auf dem 14 Meter hohen Steinhügel über dem Grab thront die Kapelle Notre Dame de la Clarté“ aus dem 12. Jahrhundert.

Steinzeit und Mittelalter:  La Hougue Bie

Darunter stemmt sich eine menschliche Figur aus dem Hügel, der den einstigen Kommandobunker der Deutschen bedeckt – Erinnerung an das Elend der Zwangsarbeiter. Wie Jersey wurde auch Guernsey im Zweiten Weltkrieg von deutschen Soldaten besetzt. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter sollten die  Kanalinseln zur uneinnehmbaren Festung ausbauen. Bis heute zeugen Bunker, Panzerabwehrwälle und Geschützstände von Hitlers Allmachtsträumen.

Die Little Chapel von Guernsey

Ganz andere Träume bewegten den französischen Bruder Déodat 1914 zum Bau der Little Chapel, heute eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Insel. Doch anfangs wurde der Bruder, der davon träumte, die berühmte Basilika und Grotte von Lourdes in Miniatur nachzubauen, verlacht. Die erste Version seiner Kapelle war so winzig, dass Deódat sie in einer Nacht niederriss. Die zweite Version hatte immerhin neun Jahre Bestand. Aber weil der Bischof von Portsmouth nicht durch die Tür kam, zerstörte der Bruder auch sie. Erst mit dem dritten Bau kam der Erfolg. Der Daily Mirror hatte über das fromme Werk berichtet und über den Bruder, der seine Kapelle mit Kieseln, Muscheln und Keramikscherben dekorierte. Bald schon herrschte kein Mangel mehr an Keramikscherben – und die Kapelle wurde zu einer der Hauptattraktionen auf der Insel.

Auch der Altar der Little Chapel ist mit Keramikscherben geschmückt

Auf dem Mont Saint Michel

Eine noch größere Attraktion steht an der Küste der Normandie. Der Mont Saint Michel ist weltberühmt. Entsprechend groß ist der Andrang. Laut Wikipedia besuchen jährlich rund 2,3 Millionen Menschen den Berg des Erzengels Michael. Gefühlt Tausende sind es auch an diesem Tag. Aber wir sind früh dran und können Kirche und Kloster noch halbwegs in Ruhe besichtigen. Im Kirchenraum zieht der Riesenmond von Luke Serram alle Blick auf sich. Bis 31. August ist die Installation „Museum of the Moon“ hier zu sehen, ehe sie nach Alderney weiter zieht und dann nach Tokyo. Vor der Kirche hat das silberne Pferd der Olympischen Spiele, Zeus, auf seiner Tournee durch Europa einen Zwischenstopp eingelegt. So kommen auf dem heiligen Berg, der laut Legende auf Wunsch des Erzengels Michael errichtet wurde, Mittelalter, Gegenwart und Zukunft zusammen.

Das fliegende Pferd Zeus vor der Kirche des Mont Saint Michel

Der Schädel mit dem Loch

Der Erzengel soll seinen Wunsch übrigens ziemlich nachdrücklich geäußert haben. Denn als der zuständige Bischof Aubert von Avranches auch nach wiederholter Mahnung keine Anstalten zum Bau einer Kirche traf, soll Michael ihm mit den Zeigefinger ein Loch in den Schädel gebohrt haben. Die Szene ist in einem Relief im Kloster festgehalten, der Schädel mit dem Loch wird in der Kirche St.- Gervais-et-St.-Protais in Avranches aufbewahrt. Mit der Zeit wuchsen Kirche und Kloster, Herzöge und Könige finanzierten die aufwändige Architektur. Es entstanden auch zahlreiche Bruderabteien wie der deutlich kleinere St. Michael‘s Mount in Cornwall.

St. Michael’s Mount

In seiner wechselvollen Geschichte war der Mont St. Michel auch Gefängnis, die Gebäude drohten zu verfallen. Doch dann setzte sich eine nationale Bewegung um Victor Hugo für den Erhalt des ikonischen Bauwerks ein. 1874 wurde der heilige Berg Nationaldenkmal und umfassend restauriert. Und an rund 70 Stunden im Jahr wird er auch dank des modernen Gezeitendamms an der Flussmündung des Cuesnon wieder zur Insel.

Cancale und die Austern

Der Tidenhub zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Wasserstand kann an der normannischen und der bretonischen Küste bis zu 14 Meter betragen. Das ist gut für die Austernzucht, erklärt Karolina La Guennel im nahen Austerndorf Cancale.

Karolina Le Guennel kennt sich aus mit Austern

50 Zuchtbetriebe beschäftigen hier 500 Mitarbeiter. Die Austernzucht ist eine Wissenschaft für sich, wie ein Film zeigt. In „unglaublich guter Wasserqualität“ gedeihen in der Bucht von Cancale die pazifische Felsenauster und die europäische Auster. Gefährlich werden können den Austern Fressfeinde wie Purpurschnecke oder Seestern. Bevor sie in den Versand gehen, werden die Austern deshalb gründlich in Salzwasser gewaschen und einzeln geprüft. Danach kommen sie in Kisten in ein Salzwasserbecken, das auch als „Austernschule“ dient. Denn hier lernen die Austern, Trockenheit zu überstehen. Zehn Tage, sagt Karolina, könnten die Austern überleben, wenn sie in mit Algen ausgelegten Kisten nach Dubai, Thailand oder Japan reisen. In Cancale bekommen wir die beiden Austernarten ganz frisch auf den Tisch mit einem Glas Weißwein – ein Genuss!

Auch auf dem Schiff wird ordentlich aufgekocht. Dafür sorgt Chefkoch George Podder mit seiner Kochbrigade. Ob Bayerische Brotzeit oder Englische Teestunde: Der Mann aus Mumbai ist ein Allround-Talent und zeigt auch gern, was er und seine Köche so drauf haben.

Podders Torte zur Teatime

Brügge, Bier und Beginen

Da isst man nur ungern an Land – es sei denn in einer Brauerei-Gaststätte in Brügge, wo man zum Braten auch das passende Bier probieren darf. Aber natürlich sollte man in Brügge auch durch die schöne Altstadt flanieren, und vielleicht auch in einem der einladenden Schokoläden was Süßes schnabulieren.  Auf alle Fälle lohnt sich ein Besuch im Groeningemuseum bei Jan van Eyck und Hans Memling – am besten mit einer kundigen Führung. Mystisch wird‘s in der Heilig-Blut-Basilika, wo der Legende nach eine Ampulle mit Tropfen von Christi Blut aufbewahrt wird. Sehenswert ist auch der Beginenhof, wie die Basilika Weltkulturerbe.  Die weißen Häuschen werden nur von Frauen bewohnt – wie bei der Gründung vor 800 Jahren. Im den Vorgärten blühen üppig die weißen Hortensien. Die Stille im Garten ist eine Wohltat in der sonst so trubeligen Stadt. Womit wir wieder beim Gartenglück wären…

Oase der Ruhe im Beginenhof

Kurz informiert

Kreuzfahrt. Die „Inselwelt im Ärmelkanal“ bietet Studiosus noch im September an, da ist sie schon ausverkauft.  Es soll sie aber auch im nächsten Jahr geben, voraussichtlich an zwei Terminen im Juli.  Veranstaltet wird die Kreuzfahrt unter dem Titel „Kanalinseln und mehr“ von Plantours mit der MS Hamburg:  https://www.studiosus.com/Belgien,Frankreich,Gro%C3%9Fbritannien/11K1–Gro%C3%9Fbritannien-Inselwelt-im-%C3%84rmelkanal–Eigenanreise
www.plantours-kreuzfahrten.de
Eintrittspreise (für individuelle Besuche)
Trebah Garden  rund 21 Euro:  www.trebahgarden.co.uk
Tresco Abbey Garden ca. 20.50 Euro:  www.tresco.co.uk/enjoying/abbey-garden
Samares Manor Garten rund elf Euro:  www.samaresmanor.com/

Im Kirchenraum des Mont Saint Michel

Mont Saint Michel  elf Euro für Erwachsene:   16 Euro,  zwischen 1. Oktober und 31. März 13 Euro: ww.abbaye-mont-saint-michel.fr/en/
Groeningemuseum  15 Euro:  www.museabrugge.be/de/besuch-unserer-museen/unsere-museen-und-denkmaler/groeningemuseum

 

 

 

Es gibt bisher keine Kommentare.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.