Im Nebel: Sabrina Janeschs „Katzenberge“

"Eine Beerdigung war Abschluss, Ruhenlassen. Und ich hatte nichts Besseres zu tun, als an den Toten und ihren Welten zu rütteln.“
Djadjo ist tot, der wichtigste Mann im Leben der jungen Nele, ihr Opa.
Sein Tod ist Auslöser für ihre Spurensuche, die sie durch
niederschlesische Landschaften bis ins ferne Galizien führt, fast ans
Ende der Welt, aus der deutschen Wirklichkeit in eine verwunschene Welt,
in der Mythen noch ihr eigenes Leben entfalten.

Im Nebel versinkt auf dieser Reise in eine fremde Vergangenheit nicht
nur die Landschaft, vernebelt scheint auch das Gedächtnis der Menschen
und lange auch Neles Herz. Je näher sie dem Ort kommt, aus dem Djadjo,
der eigensinnige Eigenbrötler, ausgezogen ist, um das Überleben seiner
Familie zu sichern, desto schwerer wird ihr ums Herz. Zu viele Opfer gab
es damals noch am Ende des Krieges, als die Polen aus der Ukraine
umgesiedelt wurden und die Häuser der deutschen Vertriebenen in Besitz
nahmen. Der Deutsche, in dessen Haus der Großvater zog, hat sich
erhängt. Die Erinnerung daran lässt den Polen nicht los. Ein Monster
sucht ihn heim, das nur seine Frau Maria bannen kann.

Mit Djadjos Tod erwacht das Monster wieder zum Leben – in Gestalt eines
dumpfen Verdachts, der Neles Suche überschattet. War ihr Großvater ein
Brudermörder? Und wie können die Nachgeborenen beurteilen, was der Krieg
in den Köpfen und Herzen der Menschen angerichtet hat?
Sabrina Janeschs zwischen Aberglauben und nüchternem Realitätssinn
pendelnder Familienroman handelt vom Überleben in schlimmen Zeiten, von
Liebe und Hass, von Angst und großem Mut. Eine europäische Geschichte.

Info: Sabrina Janesch, Katzenberge, Aufbau, 272 S., 19,95 Euro

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