Hundstage: Rebecca Hunts „Mr. Chartwell“

Winston Churchill nannte seine Depressionen den „schwarzen Hund“ – und Rebecca Hunt nimmt den großen englischen Staatsmann beim Wort, indem sie den schwarzen Hund zum Leben erweckt.

In ihrem skurrilen Roman verschränkt sie zwei Schicksale, das der jungen Ester, die zwei Jahre nach dem Selbstmord ihres Mannes noch nicht wieder ins Leben zurückgefunden hat. Und das Churchills, der am Ende seiner Laufbahn kurz vor dem Rückzug ins Privatleben in Chartwell House steht. Mr. Chartwell oder Black Pat, der schwarze Hund, beglückt sie beide.
Eines Tages steht er vor Esters Tür, begehrt Einlass und bringt Chaos ins aufgeräumte Haus. In der jungen Frau weckt er widersprüchliche Empfindungen, Abscheu aber auch so etwas Ähnliches wie Zärtlichkeit. Auch Churchill hasst den schwarzen Hund nicht nur, er fühlt sich ihm verbunden. Hat ihn Black Pat doch sein Leben lang treu begleitet und – womöglich – auch zu seiner Karriere als furchtloser Kriegsheld beigetragen. 
Doch der Politiker kennt auch die Zumutungen des Hundes, dem er sich geschlagen geben musste: die Freudlosigkeit, resultierend aus einer unerbittlichen Nähe. Als er durch Zufall auf Ester stößt, steht ihm die Gefahr, in der sie schwebt, deutlich vor Augen. Er selbst wird Black Pat nicht mehr verjagen können, aber vielleicht kann er die junge Frau vor den betäubenden Avancen des Hundes bewahren.
Rebecca Hunt findet erstaunliche Bilder für die Nöte des depressiven Staatsmannes. Das Erstaunlichste aber ist dieser sprechende Hund, der manchmal so verführerisch argumentiert wie ein Liebender und dann wieder sich so bösartig ins Leben drängt wie eine feindliche Macht. Die Dialoge zwischen Hund und menschlichen Opfern sind witzig bis surreal. Eine im wahrsten Sinn des Wortes fantastische Geschichte.
Info: Rebecca Hunt: Mr. Chartwell, Luchterhand, 256 S., 18,99 Euro


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