1001 Nacht in Detroit: Alia Yunis‘ „Feigen in Detroit“

Wer über Integration redet, sollte dieses Buch lesen, eine im wahrsten Sinn des Wortes märchenhafte Familiengeschichte, in der die 1001-Nacht-Erzählerin Sheherazade zur Zuhörerin wird. Ihr erzählt die alte Fatima von ihrem Leben im Libanon, von ihrer neuen Heimat in den USA, ihrem Mann und ihren ungeratenen Kindern, acht an der Zahl, die verstreut im Land der unbegrenzten Möglichkeiten leben.

Fatima träumt vom Haus im Libanon, das sie vor 68 Jahren zurückgelassen
hat. Soll es ihr Enkel Amir bekommen, der sie mit seiner Homosexualität
schockiert hat? Oder die Enkelin Dezimal, die unverheiratet schwanger
ist? Die eigenen „Kinder“ kommen nicht infrage, sie haben sich zu wenig
um ihre Mutter gekümmert, findet Fatima. Und will dabei gar nicht
wissen, mit welchen Problemen die Söhne und Töchter sich herumplagen:
mit Krebs und Alkoholismus, mit untreuen Partnern und mit der Versuchung
des Islamismus oder ganz einfach damit, die arabische Herkunft in einer
islamfeindlichen Umwelt zu verschleiern. So leicht ist es nicht, Menschen zu verpflanzen. Doch dass der libanesische Feigenbaum schließlich doch in Detroit Früchte trägt, lässt hoffen…
Alia Yunis Kunstgriff, Sheherazade zur Mittlerin zu machen, bringt nicht
nur ein magisches Element in die Erzählung, sondern sorgt auch für viel
Situationskomik. „Feigen in Detroit“ ist ein wunderbar erfrischender
Roman über Integration, Überanpassung und Assimilationsverweigerung. Ein
kluger Roman über die Irrtümer von Multikulti und die Schizophrenie
einer Großmacht.

Info: Alia Yunis, Feigen in Detroit, Aufbau, 472 S., 19,95 Euro

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