Augsburg: Auf den Spuren des Wassers

Augsburg war wieder einmal das Ziel der Touristischen Runde München. Denn die Nachbarstadt, die sich mit dem Thema „Wasserkunst“ um den Titel des Unesco Welterbes bewirbt, hat dazu eine Sonderausstellung unter dem Titel „Wasser Kunst Augsburg“ ausgerichtet, die zu einer Reise in Augsburgs stolze Vergangenheit einlädt.

Um das Thema Wasser dreht sich derzeit alles im Augsburger Maximilianmuseum

Prachtbrunnen als Ausdruck des Bürgerstolzes

Es war ein kleines aber interessiertes Grüppchen, das sich vor dem Maximilianmuseum einfand, um sich von Dr. Tilo Grabach (Kunstsammlungen Augsburg) durch die Ausstellung führen zu lassen. Der Kunsthistoriker wies gleich zu Anfang, als die Teilnehmer durch virtuelles Wasser wateten, darauf hin, wie fortschrittlich und stolz die freie Reichsstadt Augsburg einst war. Ausdruck dieses Bürgerstolzes waren auch die Prachtbrunnen. Die originalen Flussgötter des Augustusbrunnens, die erst in diesem Jahr ins Museum umgezogen sind, sind denn auch zentraler Bestandteil der Ausstellung. Lech, Wertach, Brunnenbach und Singold hat Hubert Gerhard in Bronzen gießen lassen, und die Münchner Runde zeigte sich beeindruckt.

Dr. Tilo Grabach von den Augsburger Kunstsammlungen führt in die Geschichte.

Als Wasser noch ein Luxusprodukt war

Ein blauer Faden am Boden leitet durch die Wassergeschichte der Stadt. Wer will, kann an einzelnen Stationen Anekdoten und Tatsachen hören etwa, dass im 18. Jahrhundert eigenes Wasser nichts Alltägliches war, sondern Luxus. Oder dass es in den Kanälen schon früh Badebetrieb gab – sehr zum Ärger der Nonnen von St. Ursula auch nackt. Dr. Grabach hätte noch viel zu erzählen – vom silbernen Augustusbrunnen, der als Hochzeitsgeschenk für Ludwig II. gedacht war zum Beispiel. Das 90 Zentimeter hohe Modell war fertig, als Ludwig II. die Verlobung mit Herzogin Sophie von Bayern löste. Die Augsburger blieben auf ihrem Geschenk sitzen und zeigen es nun voller Stolz im Maximilianmuseum. Auch die Holzmodelle von Brunnenwerken, Wassertürmen und Pumpwerken – wahre Kunstwerke – erregten das Interesse der Besucher.

Die Flussgötter des Augustusbrunnens sind ins Museum eingezogen.

Vierbeinige Wasserbewohner in den Kanälen

Doch nicht nur drinnen im Museum dreht sich alles ums Wasser, auch draußen konnte die Runde den Spuren des Wassers folgen. Stadtführerin Elisabeth Retsch hat sich gründlich in die Wassergeschichte eingearbeitet und wartete gleich mit beeindruckenden Zahlen auf: 192 Kilometer Wasserläufe gibt es in der Stadt, 135 Kilometer davon sind Kanäle. 38 Wasserwerke dienen der Wasserversorgung, 30 Brunnen sprudeln, aus 18 Trinkwasserbrunnen können die Besucher ihren Durst stillen. Kein Wunder, dass soviel Wasser auch vierbeinige Gäste anzieht. 100 Biber leben inzwischen im Stadtgebiet – nicht überall sind sie gern gesehen.

Aus Augsburgs Trinkbrunnen fließt frisches Wasser, wie Stadtfrührerin Rentsch erklärt.

200 Gulden für einen Wasseranschluss, 60 für ein Häuschen

Dass Augsburgs Bürger schon im 16. Jahrhundert Fließwasser hatten, war eine Sensation, berichtet Elisabeth Retsch. Man hatte die Quellen im Süden der Stadt im Brunnenbach zusammengeführt und per Aquädukt über den Stadtgraben in die Wassertürme geleitet. Hier sorgten Stadtbrunnenmeister dafür, dass das Wasser die Prachtbrunnen und später auch die Privatbrunnen der Patrizier speiste. 1588, so die Stadtführerin, konnten Augsburger Familien auch für ihre Häuser Wasser bestellen. Ein echter Luxus: 200 Gulden kostete der Wasseranschluss einmalig oder zehn Gulden pro Jahr. Zum Vergleich: Für 60 Gulden gab es damals in der Unterstadt schon ein Häuschen.

Vor allem Handwerker wohnten früher in der Altstadt mit ihren Kanälen.

Augsburg Wasserkunst wurde zum Vorbild

Durch diese Unterstadt mit ihren Kanälen, Handwerkerhäuschen und engen Gassen wanderte das Grüppchen zu den Wassertürmen, um sich vor Ort von der „Wasserkunst“ der Augsburger zu überzeugen. „Vor 500 Jahren,“ berichtete Retsch stolz, „kamen Fachleute aus ganz Europa, die sich anschauten, wie man es schafft, das Wasser den Berg hochzubringen.“ Anhand von hölzernen Modellen konnten Besucher nachvollziehen, wie diese Kunst funktionierte.

Wie genau die Karten schon früh den Verlauf des Wassers zeigten, erläutert Elisabeth Rentsch im Wasserturm.

Am Ende des Rundgangs mit Auf- und Abstiegen wies die Stadtführerin darauf hin, dass die Menschen von heute Wasser oft gedankenlos verschwenden. 113 Liter Wasser „gebrauche“ ein Augsburger pro Tag, davon 34 Liter in der Toilette. Nur drei Liter würden getrunken. Doch in einer Zeit, in der über Verkauf von Wasserrechten diskutiert werde, sei sauberes Trinkwasser, wie es die Augsburger hätten, keine Selbstverständlichkeit. Wasser würde immer mehr zum Politikum. Mehr interessante Zahlen zum Thema fänden sich auf www.virtuelles-wasser.de/

Mehr Bekanntheit für die Marke Augsburg

Zum Abschluss gab‘s im Garten der Wassertürme noch einen kleinen Imbiss, und Regio-Chef Götz Beck gab Auskunft dazu, was sich die Stadt von einem möglichen Unesco Welterbe erwartet. Vor allem mehr Bekanntheit für die „Marke Augsburg“. Immerhin kämen ein Drittel aller Ausländer wegen Unesco Welterbestationen nach Deutschland. Damit die Stadt auch von dem möglichen Titel profitiere, müsse man allerdings das Thema „bespielen“ und aktiv kommunizieren, mahnte Beck. „Das geht nicht von allein.“ Wasser habe in der Stadt bis in die Neuzeit eine bedeutende Rolle gespielt. Auch die Textilindustrie, die Augsburg zum deutschen Manchester machte, sei ohne die ausgeklügelten Wassersysteme nicht denkbar. Mit oder ohne Unesco: Die hochkarätige Ausstellung im Maximilianmuseum, die noch bis 30. September zu sehen ist und mit Leihgaben aus großen Museen und Sammlungen prunkt, diene auch der Aufklärung der Augsburger selbst und sie könne dazu beitragen, die Stadtgesellschaft zu stärken, ist Beck überzeugt.
Der reich bebilderte und 450 Seiten dicke Katalog zur Ausstellung geht in die Tiefe und „öffnet die Schleusen zu den Geschichten“, wie Richard Mayr in der Augsburger Allgemeinen schrieb. Er ist im Verlag Schnell und Steiner erschienen und kostet 24,95 Euro.

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